piwik no script img

Aufnahme von Guantánamo-HäftlingenHilft Europa Obama im Sommer?

EU-Länder werden dem US-Präsidenten bis Ende Juni erklären, wer wie viele Häftlinge aus dem Folterlager nimmt.

Noch keine Anfragen zu konkreten Personen: Das US-Lager Guantánamo soll aufgelöst werden. Bild: dpa

BERLIN/LUXEMBURG taz/afp Die Bundesregierung sieht weiterhin keinen Anlass, dem US-Präsidenten Barack Obama Hilfe bei der Auflösung des Gefangenenlagers Guantánamo zu versprechen. In der Tat habe Obama vergangene Woche einen Brief an die EU-Kommission geschrieben, in dem er um die Aufnahme einiger Guantánamo-Insassen bittet, die etwa wegen Folterdrohungen nicht in ihre Heimatländer zurückkönnten. Doch gebe es keinen Handlungsbedarf, bevor es nicht "konkrete Anfragen zu konkreten, benennbaren Personen" gebe, erklärte das Innenministerium am Montag.

Die Innen- und Justizminister der EU tagten am Montag in Luxemburg, um zu einer Reaktion auf Obamas Ersuchen zu gelangen. Es blieb jedoch zunächst beim seit Januar herrschenden Konflikt. Demnach erklären einige EU-Länder Aufnahmebereitschaft - so etwa Spanien, Portugal oder Italien. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy verkündete zum Nato-Gipfel als Zeichen guten Willens, Frankreich nehme einen als unschuldig eingestuften Algerier auf. Andere Länder erklären grundsätzlichen Unwillen - etwa Österreich, Polen, Tschechien und Deutschland. Die Bundesrepublik will sich aber an eine EU-Lösung anlehnen.

Weil im Schengen-Raum prinzipiell Reisefreiheit herrscht, verlangt die EU von den USA Geheimdienstinformationen darüber, wie gefährlich die Aufnahmekandidaten sein könnten. Diese haben die USA mittlerweile zugesagt - und auch erklärt, dass das Pentagon einige von den 60 zur Debatte stehenden Häftlingen noch für überwachungsbedürftig hält.

EU-Innenkommissar Jacques Barrot sagte in Luxemburg, die Mitgliedsländer wollten erst "bei einem der nächsten Innenministerräte" Bilanz ziehen, wie viele Menschen jedes Land aufzunehmen bereit sei. Demnach dürfte erst im Sommer feststehen, wie viele der Häftlinge in Europa unterkommen können. Die US-Regierung will laut Barrot ihre Verhandlungen bis Ende Juni abschließen.

Wie zuvor Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dessen österreichische Amtskollegin Maria Fekter am Montag, die USA sollten die Leute behalten: "Warum hat Amerika für 50 Personen keine Aufnahmekapazitäten?", fragte sie. "Ich kann mir eine Reisefreiheit dieser Personen im Schengen-Raum nicht vorstellen."

Etwa 245 Häftlinge sitzen noch in Guantánamo. Obama hat zuletzt am Sonntag in Prag gesagt, er wolle das Lager noch in diesem Jahr schließen, doch er brauche Europa dazu. "Es ist wichtig, dass der Europäische Rat beschließt, es den Ländern zu ermöglichen, die es wollen", sagte Obama. Der US-Präsident hat aber auch bereits erklärt, einige der Kandidaten gälten noch als gefährlich.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bekräftigte am Montag, er sei dafür, Obama entgegenzukommen: Deutschland müsse "Verantwortung übernehmen". Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz sekundierte: Deutschland müsse "Flagge zeigen". Er sagte aber auch: "Terroristen nehmen wir nicht auf."

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • D
    Daniel

    @ Klaus Dellmann,

     

    Dieses Unrecht kann man gar nicht wieder gut machen.

    Außer in dem man offiziell in aller Öffentlichkeit zugibt, welche Sauerei dort abgelaufen ist und diese gegen fast alle Menschenrechte der Welt verstoßen haben. Das man aus Egoismus, Eigennutz, wissenschaftlicher Neugier und Perversion diese Folterlager errichtet hat.

    Und danach müßten sich alle Bush's, Rumsfeld's und Co in Demut und Schande vor den Opfern in den Sand werfen.

  • KD
    Klaus Dellmann

    Welche Erklärung(en) gibts es dafür, dass die EU-Mitgliedsstaaten Menschen aufnehmen sollen, die von den USA verschleppt wurden und in einem US-Militärstützpunkt über Jahre unrechtmäßig festgehalten wurden? Bisher ist mir nicht klar, weshalb diese Menschen nicht von den USA selbst aufgenommen werden. Warum eigentlich nicht? Das könnte man als einen Wiedergutmachungsversuch des angerichteten Unrechts interpretieren. Es würde Verantwortungsbewußtsein der US-Administration demonstrieren, was bisher zu vermissen ist. Die Diskussion der aufgeworfenen Fragen ist willkommen.

  • D
    Daniel

    @ Klaus Dellmann,

     

    Dieses Unrecht kann man gar nicht wieder gut machen.

    Außer in dem man offiziell in aller Öffentlichkeit zugibt, welche Sauerei dort abgelaufen ist und diese gegen fast alle Menschenrechte der Welt verstoßen haben. Das man aus Egoismus, Eigennutz, wissenschaftlicher Neugier und Perversion diese Folterlager errichtet hat.

    Und danach müßten sich alle Bush's, Rumsfeld's und Co in Demut und Schande vor den Opfern in den Sand werfen.

  • KD
    Klaus Dellmann

    Welche Erklärung(en) gibts es dafür, dass die EU-Mitgliedsstaaten Menschen aufnehmen sollen, die von den USA verschleppt wurden und in einem US-Militärstützpunkt über Jahre unrechtmäßig festgehalten wurden? Bisher ist mir nicht klar, weshalb diese Menschen nicht von den USA selbst aufgenommen werden. Warum eigentlich nicht? Das könnte man als einen Wiedergutmachungsversuch des angerichteten Unrechts interpretieren. Es würde Verantwortungsbewußtsein der US-Administration demonstrieren, was bisher zu vermissen ist. Die Diskussion der aufgeworfenen Fragen ist willkommen.

  • D
    Daniel

    @ Klaus Dellmann,

     

    Dieses Unrecht kann man gar nicht wieder gut machen.

    Außer in dem man offiziell in aller Öffentlichkeit zugibt, welche Sauerei dort abgelaufen ist und diese gegen fast alle Menschenrechte der Welt verstoßen haben. Das man aus Egoismus, Eigennutz, wissenschaftlicher Neugier und Perversion diese Folterlager errichtet hat.

    Und danach müßten sich alle Bush's, Rumsfeld's und Co in Demut und Schande vor den Opfern in den Sand werfen.

  • KD
    Klaus Dellmann

    Welche Erklärung(en) gibts es dafür, dass die EU-Mitgliedsstaaten Menschen aufnehmen sollen, die von den USA verschleppt wurden und in einem US-Militärstützpunkt über Jahre unrechtmäßig festgehalten wurden? Bisher ist mir nicht klar, weshalb diese Menschen nicht von den USA selbst aufgenommen werden. Warum eigentlich nicht? Das könnte man als einen Wiedergutmachungsversuch des angerichteten Unrechts interpretieren. Es würde Verantwortungsbewußtsein der US-Administration demonstrieren, was bisher zu vermissen ist. Die Diskussion der aufgeworfenen Fragen ist willkommen.