Aufnahme Guantanamo-Häftlinge: Neuanfang in Deutschland
Nach monatelangem Gezerre nimmt Deutschland zwei Häftlinge des US-Gefangenenlagers Guantánamo auf – ein dritter muss jedoch im Lager bleiben.
Deutschland ist bereit, zwei Gefangene des US-Gefangenenlagers Guantánamo nach fast einem Jahrzehnt Haft aufzunehmen. Das teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwochnachmittag in Berlin mit. Damit geht ein monatelanges Gezerre um die Guantánamo-Häftlinge zu Ende. Die Männer sollen bereits "in einigen Wochen" nach Deutschland kommen, sagte de Maizière.
Genauere Angaben wollte er nicht machen, um ihnen "die Chance zu einem neuen Leben" in Freiheit zu ermöglichen. De Maizière begründete die Aufnahme damit, es gebe die "Verantwortung, bei der Auflösung dieses Lagers mitzuhelfen". Die Bundesregierung habe Guantánamo immer schon kritisiert. Hinzu kämen humanitäre Gründe. Er sei nicht nur Innenminister, sondern auch "Mensch und Christ", sagte de Maizière.
Amnesty International begrüßte den Schritt. "Jetzt leistet auch Deutschland endlich einen Beitrag zum Ende dieses Menschenrechtsskandals", sagte Monika Lüke, Generalsekretärin der Menschenrechtsorganisation in Deutschland.
Einer der beiden Guantánamo-Häftlinge soll vom Land Rheinland-Pfalz aufgenommen werden, der andere von Hamburg. Ein dritter Häftling, der für eine Aufnahme im Gespräch war, könne hingegen nicht aufgenommen werden, sagte de Maizière. Er habe nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen können, dass von dem Mann eine Sicherheitsgefahr ausgehe, sagte der Innenminister. Für die anderen beiden Gefangenen könne er eine solche Aussage treffen. Es lägen gegen sie weder in den USA noch in Europa noch in ihren Herkunftsländern strafrechtliche Vorwürfe vor. "Wir werden keine Terroristen ins Land holen", betonte der Innenminister.
De Maizière machte zugleich aber klar, dass die USA mit keiner weiteren Bitte um Aufnahme eines Guantánamo-Gefangenen an Deutschland heranzutreten brauchen. "Weitere Aufnahmen wird es nicht geben", sagte de Maizière kategorisch.
Nachdem die Aufnahme von uigurischen Guantánamo-Gefangenen in Deutschland 2009 gescheitert war, waren die USA Ende des Jahres erneut auf die Bundesregierung zugekommen und hatten ihr eine Liste mit neun möglichen Aufnahmekandidaten gegeben. Konkret ging es zuletzt um die Aufnahme von drei Insassen aus Syrien und Palästina, die von den USA zur Haftentlassung freigegeben worden waren und nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Im März besuchte eine Delegation des Innenministeriums, des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge diese drei. Zudem gab es Überprüfungen durch die Sicherheitsbehörden anderer EU-Staaten. Das Ergebnis: Zwei der Gefangenen dürfen jetzt nach Deutschland - einer muss weiter im Gefangenenlager Guantánamo bleiben. Ein Aufnahmeland für einen dritten Kandidaten hätte es allerdings gegeben: Brandenburg war dazu grundsätzlich bereit.
In den anderen Bundesländern ist die Begeisterung über die Aufnahme von Guantánamo-Insassen gedämpft, zumindest unter den Innenministern. Auf der Innenministerkonferenz in Hamburg Ende Mai hatte es noch heftige Auseinandersetzungen gegeben. Vor allem der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und sein niedersächsischer Kollege Uwe Schünemann (CDU) hatten sich strikt gegen eine Aufnahme ausgesprochen, aber auch der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zeigte sich weiter skeptisch. Er sehe eine Aufnahme eines Exgefangenen als "hochgefährlich und riskant" an, polterte damals CSU-Mann Herrmann.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière will nun die restlichen Fragen - etwa die einer möglichen Beschränkung der Bewegungsfreiheit außerhalb der Aufnahmeländer - mit allen Bundesländern klären. Diese Fragen ließen sich aber lösen, sagte er. Nun gehe es darum, den beiden arabischsprachigen Männern bei der Wiedereingliederung zu helfen. Sie bräuchten Betreuung, auch von Ärzten. Die lange Haft habe zu Persönlichkeitsveränderungen geführt. Gleichzeitig appellierte der Innenminister auch indirekt an die Medien, den beiden einen "ungestörten Neuanfang" zu ermöglichen.
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