Aufmarschplatz Olympia

■ Olympia-Bürochef Jürgen Kießling hat keine grundlegenden Bedenken gegen Olympiastadion

INTERVIEW

taz: Ist die Olympia-Tradition in Berlin nicht durch 1936 belastet?

Jürgen Kießling: Wir müssen das darstellen, daß die Nationalsozialisten die Olympischen Spiele 1936 natürlich mißbraucht und zur Verfestigung ihres Regimes benutzt haben. Dazu soll es ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzungen, Kongresse, Foren und Ausstellungen geben. Für uns ist auch eins klar: Unsere Konkurrenten werden natürlich auf dieses Thema hinweisen.

Warum kommt das Olympiastadion wieder zu neuen Ehren?

Die Akzeptanz wäre noch geringer, wenn wir jetzt irgendwo anders ein Hauptstadion bauen würden. Das kostet ja bestimmt eine Milliarde. Mich stört noch nicht einmal so sehr das Stadion, mich stört eher dieser Aufmarschplatz: das Maifeld und diese lange, Nürnberg-ähnliche Tribüne. Da haben wir vor, einige Veränderungen miteinzubauen, um diesen Aufmarschplatzcharakter zu mildern. Aber dabei haben wir das Problem, daß das Ding ein Denkmal ist und wir uns dabei mit dem Berliner Landeskonservator auseinandersetzen müssen.

Barcelona ist durch die Spiele zu einer unbezahlbaren Stadt geworden.

Die Spiele in Berlin haben den großen Vorteil, daß wir keine Grundstücke kaufen müssen. Damit verbieten sich auch Spekulationen, die ja in anderen Bewerberstädten bereits in Gang gesetzt wurden. Alle Flächen, die wir hier brauchen, sind in öffentlicher Hand.

Paßt Ihr Olympia-Konzept überhaupt in die politische Landschaft?

Damit kann der rot-grüne Senat hevorragend leben, weil dieses Konzept mehr Ökologie in die Stadt bringt, als daß in den letzten Jahren überhaupt geschehen ist. Wir werden Flächen-Recycling machen. Wir werden ein Verkehrskonzept vorlegen: schienengebundene Olympische Spiele, mit einem neuen Transportmittel, das einen Qualitätssprung in das nächste Jahrhundert bedeutet.

Wo bleibt der Autoverkehr?

Während der Spiele werden wir den Individualverkehr einschränken. Wir lassen also von den vier Autobahnen und den Fernverkehrsstraßen die Leute nicht nach Berlin rein, sondern wir werden ihnen große Auffangparkplätze anbieten, auf denen sie ihre liebgewordenen PKW parken dürfen. Und dann dürfen sie sich der Schnellbahnverbindung - U- und S -Bahn - bedienen. Zusätzlich werden wir bestimmte Bereiche wie das Olympiastadion, aber auch Innenstadtbereiche verkehrsberuhigen.

Gibt es in Berlin nicht schon genug Rummel?

Die Olympischen Spiele werden aufgrund ihres Weltcharakters einer Stadt unheimlich viele Impulse bringen. Vor allem: Es werden Mittel nach Berlin strömen, die wir sonst für die Verbesserung der Infrastruktur niemals bekämen. Niemals! Ein dicker Brocken wird der Verkauf der Fernsehrechte mit über einer Milliarde DM sein.

Interview: Christian Böhmer/Raul Gersson