Aufmarsch in Leipzig vorzeitig beendet: Neonazis warfen Knallfrösche
Wegen Gewalt gegen Polizisten ist in Leipzig eine Neonazi-Demonstration vorzeitig aufgelöst worden. Mehr als 2.500 Menschen protestierten gegen den Aufmarsch.
DRESDEN taz | Die Polizei hat in Leipzig eine rechtsextreme Demonstration von Nationalen Sozialisten am Sonnabend vorzeitig aufgelöst. Der Grund waren Steinwürfe und Attacken mit Flaschen, Stangen und Feuerwerkskörpern bereits bei der Kontrolle der etwa 1.350 Teilnehmer. Gegen Anmelder Tommy Naumann, Wortführer der Neonazikameradschaftsszene in Leipzig, und 114 vorläufig festgenommene Gewalttäter aus dem rechts- und linksextremen Spektrum ist Anzeige wegen Landfriedensbruchs erstattet worden. Vier Polizisten wurden verletzt, einer davon schwer.
Für den ersten gründlichen Erfolg gegen einen Naziaufmarsch in Leipzig seit fünf Jahren sorgte aber auch die Zivilcourage von etwa 2.500 Bürgern. Trotz des schlechten Wetters blockierten sie bereits den Sammelpunkt der aus ganz Deutschland anreisenden Neonazis am Bahnhof Sellerhausen. Im Vorfeld hatten Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und alle Stadtratsfraktionen in seltener Einmütigkeit zu gewaltfreien Gegenprotesten aufgerufen. Der Aufruf verweist auf eindeutig nationalsozialistische Forderungen der Anmelder wie: "Recht ist, was dem deutschen Volke nützt."
Jung konnte als Chef der Stadtverwaltung allerdings beabsichtigte Sitzblockaden nicht unterstützen. Ein Bündnis "17. Oktober" hatte ebenfalls zum Widerstand aufgerufen. Dessen Sprecherin Juliane Nagel wertete anschließend die Auflösung des Naziaufmarsches als "großen Erfolg". Der Grünen-Landtagsabgeordnete Miro Jennerjahn lobte die "deutlich deeskalierende Strategie" der Polizei. Solche Proteste aus der Mitte der Gesellschaft seien viel sinnvoller als ein "Versammlungsverbot von oben", kritisierte Jennerjahn Absichten der neuen schwarz-gelben Regierung in Sachsen.
Bereits im Novemberplenum will diese den Entwurf eines Versammlungsgesetzes in den sächsischen Landtag einbringen. Es soll Demonstrationen an sensiblen Orten und heiklen Gedenktagen verbieten und zielt speziell auf den Jahrestag der Zerstörung Dresdens durch alliierte Luftangriffe am 13. Februar. Ein solches Vorhaben war in der CDU-SPD-Koalition noch an verfassungsrechtlichen Bedenken der SPD gescheitert und stößt auch jetzt auf Kritik der Opposition. In Sachsen-Anhalt ist ein entsprechendes Gesetz in der vergangenen Woche verabschiedet worden.
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