Aufmarsch in Hamburg: Neonazis leicht nervös

NPD-Anhänger versammelten sich Samstag unter dem Schutz der Polizei auf dem Hamburger Gänsemarkt. 200 der Gegendemonstranten kamen bis auf wenige Meter heran.

Wurde leicht nervös: NPD-Bundesvorstandsmitglied Thomas Wulff. Bild: dpa

Die vom Hamburger Staatsschutz der Polizei prognostizierten schweren Auseinandersetzungen zwischen Neonazis und linken Demonstranten haben sich als Hirngespinst erwiesen.

41 Neonazis konnten am Samstag unter dem Schutz der Polizei - die stadtweit insgesamt 1.500 BeamtInnen im Einsatz hatte - problemlos ihre NPD-Wahlkampf-Abschlusskundgebung auf dem Gänsemarkt abhalten. Das Motto: "Millionen Fremde kosten Milliarden -kriminellen Ausländern kurzen Prozess machen".

Nur 200 Meter entfernt hatten sich 500 Gegendemonstranten des "Bündnis gegen Rechts" versammelt - einer Bürgerallianz aus Gewerkschaften, Parteien, Initiativen, Antifa und Kirchen. Innensenator Heino Vahldieck (CDU) hatte versucht, ihren Protest aus der City zu verbannen, war damit aber am Freitagabend vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert.

Obwohl weitere 200 Antifaschisten bis auf wenige Meter an die Neonazis herankamen, kam es selbst dort zu keinerlei Handgreiflichkeiten.

Die Reden der Neonazis gingen auf dem sonst publikumsfreien Platz weitgehend im Getöse der Gegendemonstranten unter: So als der Ratzeburger NPD-Kommunalpolitiker Kay Oelke die "Lieben Hamburger" begrüßte und sofort Buh-Rufe erntete.

So musste man schon sehr nahe herangehen, umzu hören, wie er sich für die "Deutschen Fleischer" stark machte, die durch EU-Normen geknechtet würden, und gegen die Ausländer schimpfte, die den Deutschen das Geld wegnehmen würden und darum durch ein „Ausländerrückführungsgesetz" weggeschafft werden müssten

Auch das Gewetter des militanten Neonazi-Kaders Thomas Wulff über "Links-Chaoten" und "kriminelle junge Ausländerbanden", die durch "Familienhaftung" und Abschiebung zur Räson gebracht werden müssten, ging weitgehend im Trillerpfeifen-Konzert und Rufen unter wie: "Nazi raus", "Haut ab" und "Ob Ost, ob West, nieder mit der Nazi-Pest".

Bei den sich ergebenden Wortwechseln zwischen "Kameraden" und Antifaschisten wurde das NPD-Bundesvorstandsmitglied Wulff, Anmelder des NPD-Aufmarsches, leicht nervös. Hektik brach aus, als sich junge Frauen mit einer Israel-Flagge vor dem Nazi-Tross postierten.

Auch einige der am Gänsemarkt ansässigen Geschäfte zeigten, was sie von der NPD-Veranstaltung hielten. "Das finde wir nicht gut", stand plötzlich auf einem Plakat am Fenster des Friseurs Peter Polzer. Die Angestellten aus dem Starbuck-Café spendierten Protestlern Kaffee und gewährten ihnen und den eingesetzten Polizisten freien Zugang zu den Toiletten.

Die Rede "zur Lage des Vaterlandes im Jahr der Landtagswahlen" war Andreas Storr zugedacht, dem sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten aus Dresden. Storr schimpfte über den allgemeinen Werteverlust in der CDU, was sich besonders in Hamburg zeige, wo ein schwuler Bürgermeister neun Jahre regieren könne und dann sein Amt aufgebe, um mit seiner jungen "Liebschaft" ungestört ins Bett steigen zu können.

"Das zeigt, wie tief wir gesunken sind", brüllte Storr. Die etablierten Parteien würden ein Verbrechen an "Volk und Vaterland" begehen, das "völkische Bewusstsein" müsste wiedererweckt und wieder gelebt werden. Storr hoffnungsvoll:"Die Bundesrepublik wird wieder Deutschland werden."

Auf der zeitgleichen antifaschistischen Kundgebung warnten zahlreiche Redner vor der "braunen Gefahr". Die ausländerfeindlichen Parolen der NPD über die gescheiterte "Multi-Kulti"-Gesellschaft fänden selbst in Kreisen der bürgerlichen Mitte Zuspruch - das belegten die Thesen des ehemaligen Deutsche Bank-Vorständlers Thilo Sarrazin, der immerhin noch SPD-Mitglied sei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.