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■ In der deutschen Kohlepolitik wird weiter um Fördermengen und Subventionen bis zur Jahrtausendwende gefeilschtAufgeschoben ist nicht aufgehoben

Keiner will mehr Notopfer für die heimische Steinkohle bringen. Nun hat sich auch die Koalition darauf verständigt, die Milliardensubventionen für die Verstromung der deutschen Kohle drastisch zu reduzieren. Daß diese zu teuer, viel zu teuer ist, steht außer Frage. Die finanziellen Lasten aus der politischen Garantie der Kohlerunde vom Herbst 1991 sind schon heute kaum noch tragbar, und das nicht nur, weil der Osten schon so viel Geld schluckt. Jährlich werden zehn Milliarden Mark an Steuergeldern an Rhein, Ruhr und Emscher transferiert, um gerade einmal hunderttausend Arbeitsplätze in den dortigen Gruben zu sichern. Die Subventionen für jeden Kumpel sind bereits höher als sein Gehalt; der ganze Batzen verschlingt mehr, als vom Staat für Forschung und Entwicklung ausgegeben wird. Damit ist der deutsche Bergbau einer der größten Subventionsempfänger innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Noch einmal frisches Geld für eine seit den sechziger Jahren sterbende Industrie – das kann nicht im Sinne eines beschleunigten Strukturwandels auf dem Hintergrund der aktuellen Rezession und Standortdebatte sein.

Der Kuhhandel um die Abwicklungs-Modalitäten der Altlast Bergbau aber ist der eigentliche Skandal: Zum Schaden der Beschäftigten liegt bis heute kein Konzept vor, welche volkswirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Kompensationen für die Kohle geschaffen werden sollen. Auch die Koalition drückt sich weiter vor einer klaren Entscheidung, wie der anvisierte Milliardenplafond für die Steinkohle künftig finanziert wird. Selbst bei den Fördermengen will sie sich vorerst nicht festlegen lassen. Statt dessen versuchen die Kabinettspartner mit einem plumpen wie unverschämten Erpressungsmanöver, die SPD zu einem Kompromiß über Kohle und Atomenergie zu drängen. Nur wenn die Sozialdemokraten grünes Licht für neue Atomreaktortypen geben, will die Regierung auch künftig den Absatz heimischer Kohle alimentieren. Von Energiekonsens also keine Spur: Es scheint so gut wie ausgeschlossen, daß noch eine einvernehmliche Lösung gefunden wird. Platzt die parteiübergreifende Runde, muß die Bonner Koalition ohnehin allein eine Lösung für den Ende 1995 auslaufenden Kohle-Jahrhundertvertrag finden. Darauf dürften die Strategen in der SPD-Baracke spekulieren: Denn trotz der Bereitschaft zu Kompromissen bei Restnutzungsdauer der Atomkraftwerke, Endlagerung und Option auf neue Reaktortypen sind die Sozialdemokraten nicht gewillt, es sich mit den kampfbereiten Kohle-Kumpel zu verderben. Und sie wissen nur zu gut, daß sich auch die Koalition ein massives Zurückfahren der Garantiemengen nicht leisten kann, wenn sie durch die sozialen Proteste im Superwahljahr 1994 nicht aus dem Amt gefegt werden will. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Erwin Single

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