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Auf nach Vietnam!

■ „Per Pauschale ins Unbekannte. Erfahrungen einer Reise durch Vietnam.“ Mo., 15.8., ZDF, 22.10 Uhr

Also, auf nach Vietnam! Das einheimische Bier ist trinkbar, und das Land bittet um unseren Besuch, behauptet ZDF -Reporter Jomeyer. Er hat sich ein paar Kameramänner mitgenommen und eine Pauschalreise gebucht. Kann man das so machen?, fragt er sich vorher und zeigt die bekannten, vertrauten, die schrecklichen Fotos, von Frauen, Kindern, Männern unter Gewehrläufen, von verwüstetem Land.

Nein, so kann man es nicht machen, aber Jomeyer hat längst das Urteil über seinen Film gesprochen: Wir machen es!

Also Augen zu und durch. Zuerst der Verkehr: Fahrräder, Menschen, Chaos. Wer einmal eine Pauschalreise in nah- oder fernöstliche Länder buchte, wer Istanbul sah oder Athen erlebte, kennt das: In südlichen oder östlichen Ländern ist immer Verkehrschaos. Und wir staunen immer, daß da nicht ständig jemand überfahren wird. Herr Jomeyer staunt ausführlich.

Dann kommt Touristenalltag. Zuerst die Orte der Religionen: Kirchen und Pagoden, dann Museen, abends im Hotel ein Lob auf die Gastronomie und die Geschichte des Landes heruntergerattert, Franzosen, Amerikaner, Krieg. Vor allem Krieg. Alle bemühen sich um die nötige Betroffenheit. Wir bekommen immer wieder Schreckensbilder eingeblendet.

Die Mitreisenden, nach ihren Motiven befragt, enthüllen hilflose Neugierde. Warum gerade Vietnam? Der Lehrer redet vom Symbol des Widerstands, die Gewerkschafterin vom Aufbau der sozialistischen Gesellschaft, der Arzt bekennt seinen medizinischen Voyeurismus.

Wie überstehen die armen Vietnamesen die Folgen des Krieges? Vor allem freundlich, weiß Jomeyer, und so heiter, und so fleißig. „Bei Gott, sie sind fleißig!“, entfährt es ihm. Und die Kinder, sie wollen lernen, lernen, lernen. „Null Bock, no future? Hier ist alles future!“ Da sind die Kinder noch heil. Und wie sie lächeln. Einer hat den Waisenkindern auch einen Sack Spielsachen mitgebracht. Nun wird es ausgeschüttet, das Pappschachtelzeug.

Im Mekong-Delta prasselt es dann endlich Zahlen: Millionen von Toten, Milliarden Tonnen von Sprengstoff, Millionen Hektar verseuchten Landes, Tausende von Schulen kaputt, Millionen Kinder übrig. Der Krieg als Milliarden-Rekord.

Der Blick auf die einzelnen Menschen, gesichterweise herangezoomt, ergibt: Heute geht es ihnen gut. Der Markt ist bunt, das Warenangebot reichhaltig. Bloß Luxusgüter gibt es nicht, aber die gab es hier ja noch nie. Dafür leisten die sich den Luxus der Freundlichkeit und Herzlichkeit. Der Europäer ist ein wenig neidisch. Und das Kameraauge straft alle Lügen, die von Armut, Hunger, Elend, Angst und politischem Terror gehört haben wollen. Die Natur sieht auch schon wieder ganz prächtig aus. Von Verätzungen und Vergiftungen ist nebenbei die Rede. Und die Frauen, sagt Jomeyer, seien hier total emanzipiert, doch die Kamera sieht sie nur bei traditioneller Feldarbeit. Wem glauben wir nun, dem Auge oder dem Ohr? Wohl besser beidem nicht.

Und weiter geht die Reise. Eine Ahnung von Krieg, ein Hauch von Angst, eine Spur von Schrecken. In Hanoi sehen die Menschen ernster aus. Zentralvietnam ist trotz schöner Strände touristisch noch nicht erschlossen. Zum Schluß überstürzen sich die Bilder: finstere Bergvölker, Naturreligionen. Bis es wieder schön wird im schwankendem Reisstrohboot. Und wenn sie nicht gekentert sind, dann schwimmen sie noch heute.

Christine Lehmann

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