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Auf du und du mit den StadtwerkenZukunftspoker

■ Stadtwerke-Vorstand arbeitet offenbar weiter in Richtung Preag-Übernahme

Der Vorstand der Bremer Stadtwerke ist offenbar wild entschlossen, tatsächlich fünf Bremer Kraftwerke zu schließen. Ein Verhandlungsangebot des belgischen Unternehmens Tractebel, das 12,5 Prozent der Stadtwerke-Anteile hält, soll der Vorstandsvorsitzende Gerhard Jochum rigoros abgelehnt haben. Rolf Godesar, der Tractebel in Bremen vertritt: „Entgegen seinen Ankündigungen in der vergangenen Aufsichtsratssitzung, hat Jochum den Tractebel-Vertretern aus Brüssel am 4. November gesagt: Es gibt nichts zu verhandeln.“ Und das, obwohl Tractebel einen Großteil der 400 bedrohten Arbeitsplätze mit der Übernahme der Kraftwerke retten könnte.

Zusätzlich kritisiert Godesar das Bewerbungsverfahren um das neue Betreiberkonzept des Stadtwerkevorstandes heftig. Jochum will besagte fünf Kraftwerke, die fast die Hälfte des Stadtwerke-Stroms produzieren, aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten stillegen. Der restliche Stadtwerke-Strom soll auf dem liberalisierten Markt verkauft und anschließend das für Bremen benötigte Energiepaket wieder vollständig eingekauft werden.

Zu diesem Konstrukt hatten die Stadtwerke nach Angaben ihre Sprechers Andreas Brunner neun Konzerne angeschrieben. Bewerbungsfrist: nur rund zwei Wochen bis zum vergangenen Donnerstag. Dies bezeichnet Godesar als „höchst unseriös“. In so kurzer Zeit könne kein vernünftiges Angebot erarbeitet werden.

Godesar fühlt sich in seiner Kritik am Vorstand bestätigt. Rund um Bremen sei „Preag-Land“. Wenn Bremen seine Überkapazitäten verkaufen wolle, käme man dem niedersächsischen Stromunternehmen in die Quere. Darum vermutet Godesar, daß die Stadtwerke der Preag einverleibt werden sollen (vgl. taz vom 26. Oktober). „Das kurzfristige Bewerbungsverfahren dient nur dem Zweck, später sagen zu können, man habe auch mit anderen Bewerbern außer der Preag verhandelt“, so Godesar.

Auch der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Stadtwerke, Richard Harbort, hält die kurze Bewerbungsfrist für „sehr eigenartig. Es ist meiner Ansicht nach kaum möglich, in so kurzer Zeit so ein weitreichendes Konzept zu prüfen und eine Entscheidung zu fällen.“ Er fordert jetzt vom Vorstand eine Stellungnahme zu dem Vorgehen.

Sprecher Brunner verwies jedoch lediglich darauf, daß man sich zu dem Bewerbungsverfahren nicht weiter äußern wolle. „Wir haben den Verhandlungspartnern Vertraulichkeit zugesichert“, so Brunner. Nur soviel: „Angesichts des neuen Marktes ist eine endgültige Entscheidung zum Ende dieses Jahres dringend notwendig.“

Von dieser Entscheidung könnte aber sehr viel abhängen für die Verbraucher. Geraten die Stadtwerke tatsächlich in Preag-Abhängigkeit, wäre der Veba-Preag-Konzern unter Umgehung des Bundeskartellamtes Monopolist auf dem Bremer Strommarkt – mit allen möglichen Folgen für die Preise. Immerhin hat der Aufsichtsrat unter Leitung von Senatorin Tine Wischer (SPD) jetzt Alternativkonzepte von Vorstandschef Jochum zur nächsten Aufsichtsratssitzung im Dezember erbeten. Jens Tittmann

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