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Auf du und du mit dem MaulkorbWie politisch darf der AStA der Uni sein?

■ Gerichtsbeschluß: AStA darf keinen „einseitigen Meinungskampf“ betreiben

Dürfen AStA-Mitglieder politisch Stellung beziehen oder nicht? Im Februar noch hatte ihnen das Verwaltungsgerichts politische Bildungsarbeit, ein hochschulpolitisches Mandat, zugebilligt. Das Oberverwaltungsgericht Bremen (OVG) hat diese Entscheidung jetzt aufgehoben. Zu Vorgängen innerhalb der Studierendenschaft darf sich der AStA zwar nach wie vor beziehen – allerdings muß er Pluralität und Chancengleichheit wahren. „Einseitiger Meinungskampf“ wird dem Studenten-Ausschuß untersagt.

Anlaß des gerichtlichen Konflikts waren Zeitungsberichte des AStA über Studentische Verbindungen. Diese wurden im Oktober 1998 in den AStA-Organen als „rechte Säcke“ oder „Pack“ beschimpft. Oliver Liesmann, Politikstudent und Mitglied der Verbindung „Verein deutscher Studenten“ (VDSt), hatte daraufhin den AStA verklagt.

Zwar bekam Liesmann jetzt in weiten Teilen recht. Zufrieden war er indes nicht: Der gelernte Rechtsanwalt, der sich hier in eigener Sache vertritt, wollte dem AStA „jedwede Meinungsäußerung“ untersagen. So hatte es ein Kasseler Gericht im letzten Jahr beschlossen. Das ging dem OVG allerdings zu weit: „Eigene Positionen zu Vorgängen innerhalb der Studentenschaft“ darf der AStA sehr wohl beziehen. Allerdings nur bei Themen mit klarem „hochschulpolitischer Bezug“.

Angemahnt wird indes der Stil, in dem der AStA die Auseinandersetzungen geführt hat. Als „äußerst polemisch“ und undifferenziert bezeichnete das OVB die Artikel über die Verbindungen. AStA-Vorsitzender Sven Golchert erklärte gegenüber der taz, daß diese Passagen allerdings in längeren Artikeln auch belegt worden sind. Vieles sei in Überschriften als Wortspiel angeführt worden.

Außerdem, so Liesmann, sei dem Verein deutscher Studenten nicht die Möglichkeit einer eigenen Darstellung eingeräumt worden. Dem folgt auch der Gerichtsbeschluß. Golchert dagegen zeigt sich „sehr überrascht“. Jederzeit hätte der VDSt das Recht auf Gegendarstellung gehabt. Er hätte sich an die Redaktion der Zeitung „30 S“ oder an den AStA als Herausgeber wenden können. „Die einzige Auseinandersetzung war aber die Klageschrift beim Gericht.“

Nach dem Motto „wehret den Anfängen“ sei man in der „linken Hochschule“ gegen die Verbindungen vorgegangen, sagt Liesmann, der bei den letzten Wahlen zum Studentenparlament für den RCDS kandidierte. Zwar räumt er ein, daß es die „eine oder andere rechte Verbindung gibt – aber nicht in Bremen“. Der VDSt, seit 1994 die erste Verbindung in Bremen, zählt nach Aussage Liesmanns etwa 25 Aktive und sei nicht schlagend und nicht farbetragend.

In Zukunft, so der OVG-Beschluß, muß in den Veröffentlichungen des AStA den Angegriffenen die Möglichkeit eingeräumt werden, in gleichwertiger Weise ihren Standpunkt darzulegen. Insbesondere wenn es gegen Gruppierungen innerhalb der Studentenschaft geht, müsse der AStA „ein Mindestmaß an Fairneß“ und Chancengleichheit wahren, so das OVG. Der AStA dürfe keine „Meinungsmacht“ gegen einzelne Gruppen etablieren. Falls diese Auflage nicht erfüllt werde, so das OVG, müsse der AStA mit Ordnungsgeld rechnen. Der AStA will jetzt prüfen, inwieweit er Verfassungsbeschwerde gegen den Eilbeschluß einlegt. pipe

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