Auf der Suche nach der verlorenen Identität

Einstiger CDU-Erneuerer Helmut Kohl bricht Modernisierern die Flügel / „Gesinnungspfeiler“ Antikommunismus und Christentum tragen nicht mehr / Als Kühlerfigur eines neuerlichen Kanzler-Wahlvereins fehlt dem „Oggersheimer Riesen“ entsprechendes Format / Partei steckt in der Sackgasse zwischen Tradition und Zukunft  ■  Von Peter Grafe

Wieder einmal ist Helmut Kohl unterschätzt worden. Er hat entschieden und gute Chancen, sich mit seinem Personalvorschlag auf dem kommenden Parteitag durchzusetzen. Die Entlassung Geißlers ist Zeugnis einer gescheiterten politischen Konzeption, die wesentlich mehr umfaßte als jene immer wieder zitierte „Öffnung nach links“.

Heiner Geißler war Symbolfigur geworden für das Projekt „CDU - die moderne Volkspartei“, die für alle Bundesbürger wählbar sein soll, die sich von den ideologischen Bindungen der fünfziger und sechziger Jahre befreit, um mit der SPD in zeitgemäßer Politikgestaltung wettbewerbsfähig zu sein. In den letzten Jahren schien es manchmal so, als könnten die „Konservativen“ den „Progressiven“ den Begriff Zukunft vorbuchstabieren. Die veröffentlichte Meinung zeigte sich angetan und überrascht. Rita Süssmuth als Ministerin für Familie, Jugend, Gesundheit und Frauen war der gefeierte lebendige Beweis für die Fähigkeit Geißlers und seiner Gehilfen in der Parteizentrale, die Hinwendung der CDU zu neuen Zielgruppen gegen Kohl durchzusetzen.

Bis dahin geriet die Wandlung der CDU nach dem Gusto der Modernisierer im Adenauerhaus - bis dahin und keinen Schritt weiter. Rita Süssmuth mußte ihr Ministerium aufgeben, Geißlers „Lagertheorie“ geriet zur Debatte über das Profil der Union, die Modernisierung ward gestoppt. Ihr Ende ist auch die Folge ihrer ureigenen Nebenwirkungen, die sich im Laufe der letzten Jahre akkumulierten. Die Veränderungen politischer Rahmenbedingungen, die nicht im Zugriff der Christdemokraten liegen, bringen zusätzliche Orientierungsprobleme.

Nach 1972 mußte sich die CDU von der Vorstellung verabschieden, kurzfristig wieder die Regierungsverantwortung übernehmen zu können. Der mühselige Versuch, sich in der ungewohnten Oppositionsrolle zu orientieren, geriet zu einem dramatischen Generationskonflikt. Er wurde auch um die Frage ausgetragen, welche Aufgabe künftig die Partei und ihr hauptamtlicher Apparat übernehmen sollten. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand die wesentliche Arbeit der Parteizentrale der CDU darin, Papiere zur Erläuterung der Regierungspolitik zu verteilen. Die Machtzentren der Partei lagen im Kanzleramt, in der Bundestagsfraktion und bei den Landesfürsten bzw. CDU -Ministerpräsidenten.

Helmut Kohl - dereinst

ein Mann des Wandels

Die CDU war damals hin- und hergerissen zwischen ideologischer Verhärtung und zeitgemäßer Neuorientierung, zwischen Fundamentalopposition gegen die Regierung Brandt mit ihrer „Ostpolitik“ und einer neuen, angepaßteren Lagebeurteilung. Nach langwierigen Auseinandersetzungen obsiegte der eher kooperationswillige Flügel. Mit ihm setzte sich Helmut Kohl als Parteivorsitzender durch.

Mit der Entscheidung zu einer Art nachträglichen Parteibildung waren für die CDU nicht nur ungewohnte Prozesse programmatischer Orientierung verbunden - 1978 verordnete sich die CDU ihr erstes richtiges Parteiprogramm

-, sondern auch die Einführung eines modernen Parteimanagements. Das Adenauerhaus wurde innerhalb der CDU zu einem immer gewichtigeren Machtzentrum.

Ergebnis der von Kohl mit den Generalsekretären Biedenkopf und Geißler durchgesetzten Modernisierung waren wachsende Kompetenzvermutung in vielen politischen Themenbereichen zugunsten der CDU und der modernste Parteiapparat in unserem Lande - modern, was Organisation und Planung, was Kommunikationstechnologie und -techniken anbelangt. Begriffe zu „besetzen“ wurde zum neuen Instrument der CDU in der politischen Auseinandersetzung.

Es kann nicht deutlich genug hervorgehoben werden: Helmut Kohl war der Parteivorsitzende, der den Wandel in der CDU möglich machte. Seine eigentliche Stärke lag in der Fähigkeit, die Partei im Prozeß der Erneuerung zusammenzuhalten, rechte Abspaltungen und die bundesweite Ausdehnung der CSU zu verhindern - allen entsprechenden Drohungen von Franz Josef Strauß zum Trotz.

Vom Kanzler-Wahlverein

zur Programmpartei

Mit der Modernisierung und der tragenden Rolle des Adenauerhauses stabilisierte sich Kohl als Spitzenmann der Union. Wie in 'Die Sonde‘, einem CDU-intern zirkulierenden Quartalsheft, mehrfach nachzulesen ist, war Helmut Kohl von 1972 bis zu seiner Wahl als Kanzler der Kandidat der Parteierneuerer.

Man kann davon ausgehen, daß der Prozeß der Modernisierung der CDU im Grunde für ihre Machtfähigkeit richtig und notwendig war, daß also eine Rückbesinnung auf die fünfziger Jahre nie ernsthaft als erfolgsträchtiges Konzept zur Verfügung stand.

Der Einwand, daß die Entwicklung der CDU von einem Kanzler -Wahlverein zur Programmpartei ideologische Differenzen sichtbar machte, die eine nicht mit politischen Inhalten verbundene Strategie zur Machtgewinnung hätte vermeiden können, ist berechtigt und greift zugleich zu kurz: Wie anders soll die Rekonstruktion einer Partei in der Oppositon organisierbar sein, wenn nicht durch gezielte Mühe, Mitglieder und Anhänger mit programmatischer Neuorientierung zu beschäftigen? Die Notwendigkeit, für aktuelle Probleme in den Augen der Wähler Lösungskompetenz zu entwickeln, stand für die CDU außer Zweifel. Die „Neue Soziale Frage“ wurde zum entscheidenden Thema des nach außen dargestellten internen Diskurses, um den Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ zu aktualisieren und der CDU das Interpretationsmonopol, eine neue „Meinungsführerschaft“ zu verschaffen.

Die Modernisierer in der CDU waren sich der Gefahr wohl bewußt, die in der programmatischen Festlegung liegt: Sie haben deshalb ihre Konzepte intern immer als den erfolgsträchtigeren Weg zur Macht begründet und nie als Durchsetzungsstrategie für inhaltliche Fragen.

Ideologisch-emotionale Stützen gingen verloren

Mit der Wahl Kohls zum Kanzler dieser Republik begann in der CDU eine neue Epoche - mit allerdings unerwarteten Merkmalen: Schon bei der Personalauswahl für das Kanzleramt begannen Konflikte zwischen Helmut Kohl und Heiner Geißler. Parteigeschäftsführer Peter Radunski war als Chef des Kanzleramtes im Gespräch, doch Kohl bestand auf Waldemar Schreckenberger. Es folgten die großen und kleinen Pannen, der Kanzler wurde als „Aussitzer“ zum Gespött der Presse. Helmut Kohl ließ sich leiten, bis er Kanzler wurde, und entglitt dann seinen Förderern in der Parteizentrale, machte sich eigenwillig selbständig.

Heiner Geißler hingegen mußte die Meinungsführerschaft der CDU als Projekt der Partei, als Aufgabe des Adenauerhauses fortsetzen, denn Kohl konnte diese Rolle nicht übernehmen. Seine integrative Stärke als Parteiführer wurde in der Rolle als Kanzler zur Entscheidungsschwäche.

Die zunehmenden Wahlerfolge der „Republikaner“ scheinen dazu angetan, aus aktuellem Anlaß nach kurzsichtiger Erklärung zu heischen: Plötzlich ist angeblich Geißler schuld, soll seine Strategie der Öffnung zur Mitte die Integrationsfähigkeit nach rechts aufgelöst haben. Indes, politische Prozesse folgen keiner so schlichten Mechanik.

Geißler ist mit seinem Konzept aufgrund vielfältiger Faktoren an eine Grenze gestoßen, die im Laufe der letzten Jahre immer undurchdringbarer wurde. Er hat zwei ideologisch -emotionale Stützen verloren, die beide außerhalb seiner Reichweite liegen.

Erstens: Die Aufweichung des Ost-West-Gegensatzes bedeutet für die CDU den Verlust eines konsensstiftenden Feindbildes „Osten“. Die Auflösung eines scheinbar stimmigen Weltbildes, für das bislang kein gleichwertiger Ersatz gefunden wurde, sorgt für Verunsicherung. Dieses Problem der CDU wird noch verschärft, weil auch im Westen das Gegenmodell Sozialismus an Konturen verliert und die sozial (und ökologisch) entschärfte Marktwirtschaft zum gesellschaftlichen Konsens gerinnt, den selbst die Grünen kaum noch anzweifeln. Es lösen sich also Grenzen auf, die bislang Halt boten.

Zweitens: Wie sehr die Vision „intakte Familie“ zur Stabilisierung des Selbstverständnisses der Christdemokraten gehört, kann auf jedem CDU-Parteitag beobachtet werden: Alle Bekenntnisse zu Mutter und Familie werden mit rauschendem Beifall aufgenommen, Norbert Blüm mobilisierte mit seiner Vision „Neue Mütterlichkeit“, weckt mit seinen in Reden immer wiederkehrenden Bekenntnissen zur eigenen Mutter tiefe Gefühle gesinnungsgemeinschaftlicher Verbundenheit.

Diese zweite Stütze des Zusammenhalts der CDU stürzt zusehends in sich zusammen. Das wurde auch an den Bemühungen des Adenauerhauses deutlich, die moderne berufstätige Frau zu umwerben: Was auf dem Essener Parteitag 1985 noch als Gleichwertigkeit von Hausarbeit und anderweitiger Berufsarbeit integrativ zelebriert wurde, fällt in Wahrheit weit auseinander und wird zu einem Konflikt zwischen dem tradierten Familienbild, dem Mythos von Harmonie und Geborgenheit, und der Realität längst veränderter Familienstrukturen. Hohe Scheidungsziffern, sogenannte „unvollständige“ Familien und der Trend zu „Single„ -Haushalten werden als „Ausnahmen“ verdrängt oder als Ausdruck individueller Probleme dargestellt. Abtreibung gerät zum Ausbund des Bösen.

Völlig unabhängig von den handelnden Personen steckt die CDU also in dem Dilemma, traditionelle emotionale Bindungen und zeitgemäße politische Konzepte miteinander verbinden zu müssen.

Wahlerfolge

oder CDU fällt auseinander

Aus der CDU wird immer wieder Klage geführt, ihre Regierungspolitik werde mangelhaft dargestellt oder vom Publikum nicht gebührend gewürdigt. Das Lamento aber bezeugt weniger ein kommunikatives Problem einzelner Darsteller, sondern vielmehr ein strukturelles Problem, das allerdings kaum lösbar scheint: Es fehlt der CDU die Brücke, um ihre „moderne“ Politik mit den Emotionen und Erwartungen ihrer Anhänger zu verbinden.

Um als Regierungspartei gestaltungsfähig zu sein, mußte die CDU in den letzten Jahren einem großen Teil ihrer Anhänger Lernprozesse zumuten, die diese einigermaßen unvorbereitet trafen. Das fing mit der Fortsetzung der Ostpolitik an und reicht zu der neuerdings von Unionspolitikern aufgeworfenen Forderung, die herbeiströmenden Ostaussiedler sollten es sich doch ersparen, hier im Westen auf Heimatsuche zu gehen.

Dazwischen liegen viele unbeantwortete Fragen: Wieviele Soldaten brauchen wir denn wirklich, gehören die emanzipierten und berufstätigen Frauen tatsächlich zu den Wählerinnen, die die CDU gewinnen will, was wird aus der Atomenergie, wie wird die ökologische Zukunft aussehen, wie entschieden wird gegen Abtreibungen vorgegangen? Und so weiter...

Soll die Anpassung der CDU an die aktuellen Belange vor ihren Anhängern Bestand haben, braucht sie vorzeigbare Erfolge der Regierungspolitik. Es kommt also in besonderer Weise auf den Kanzler an, wenn die CDU Wahlen gewinnen will: Was soll die CDU bei diesen dramatischen Verlusten emotional bedeutsamer „Gewißheiten“ denn noch zusammenhalten, wenn nicht der Erfolg einer CDU-geführten Bundesregierung, wenn nicht eine Spitzenfigur, die diesen Erfolg verkörpert und sich den Verunsicherten zur Führung anbietet? Man mag Helmut Kohl im Spott zugute halten, er sei Vorbote zur politisch vaterlosen Gesellschaft, zum Abbau der Abhängigkeit von Autoritäten also, doch ist diese „Emanzipation“ für die CDU kein erfolgsträchtiges Konzept.

Traditioneller Konsens reicht nicht mehr

Die CDU hat kein integratives Konzept, um die moderne Unübersichtlichkeit der realen Welt ihren Anhängern zu vermitteln, sie auf Kurskorrekturen vorzubereiten.

Heiner Geißler hat im Laufe der Kohlschen Kanzlerschaft den Zwiespalt der CDU dann verschärft, wenn er, um von den Schwächen der Regierung abzulenken, den alten ideologischen Prügel hervorholte, unter anderem die SPD als „Fünfte Kolonne Moskaus“ beschimpfte. Er weckte so immer wieder Erwartungen, die die CDU gar nicht erfüllen kann, statt diese Erwartungen zu besänftigen.

Wie sehr so eine Strategie zum Eigentor geraten kann, führt die CSU in besonderer Weise vor. Hat sie doch versucht, ihre faktisch moderate Politik mit scharfer Rhetorik abzustützen, die ihr die Linke viel eher abnimmt als das eigentlich angesprochene Klientel. Die CDU wäre, wie die Wahlerfolge der „Republikaner“ in Bayern nahelegen, schlecht beraten, wollte sie den Vorschlägen aus der CSU folgen und jene rechtspopulistische Wende nachholen, die ein Teil ihrer Wähler nach 1983 von ihr erwartete.

Selbst die Warnungen vor einem sogenannten „rot-grünen Chaos“ sind ein wackliger Ersatz für alte „Gewißheiten“, der nur noch solange Emotionen mobilisiert, bis rot-grüne Landesregierungen zur Normalität dieser Republik gehören, mit denen sich auch nicht schlechter leben läßt als mit anderen Konstellationen. Mit ihren Warnungen vor Rot-Grün spekuliert die CDU auf das Scheitern dieser Konstellationen

-eine dünne Basis.

Der Verlust binnenintegrativer Faktoren läßt sich nicht mit ideologischer Verhärtung ausgleichen. Für diese Beurteilung ist weniger die Spekulation entscheidend, wieviele Wähler die CDU dadurch an die SPD abgeben müßte. Ausschlaggebend ist vielmehr, daß heute zur gemeinschaftlichen Konsensstiftung weder Antikommunismus noch kirchliche Bindungen taugen. Eine Rückwende hat keinen Gesinnungsfundus mehr, aus dem sich erfolgreich eine Mehrheit schustern ließe.

Die Wahlerfolge der „Republikaner“ stehen nicht im Widerspruch zu dieser Erkenntnis, denn sie wurden aus vielfältiger Unzufriedenheit gewählt und nicht wegen identifizierbarer programmatischer Aussagen. Alle Forschungsergebnisse und persönliche Befragungen deuten darauf hin, daß die Wähler der „Republikaner“ emotional entschieden haben, daß sie verunsichert sind und Orientierung oder klare Führung suchen, die die CDU nach altem Muster nicht mehr bieten kann - Geißler hin oder her.

Es ist noch längst nicht ausgemacht, wie sich diese neue Rechte ideologisch verortet, das Modell der fünfziger Jahre jedenfalls läßt sich auch von ihr nicht neu beleben.

Strategiedebatte vertagt - Kohl als Vogel Strauß

Die CDU kann, wenn sie gestaltungsfähig bleiben will, nicht hinter jene Modernisierung zurück, die sich mit dem Namen Geißler verbindet - ob ihr das nun behagt oder nicht -, die christdemokratische Parteiführung stünde auch weiterhin vor der Aufgabe, bei vielen Mitgliedern und potentiellen Anhängern eine neue Sicht der Dinge durchzusetzen. Doch wer sagt denn, daß die Regierung Kohl gestalten will?

Die CDU wird von einer denkwürdigen Hinterlist der Geschichte geplagt: Es mag sein, daß sie sich heute als Kanzler-Wahlverein leichter täte, die zentrifugalen Kräfte in der Partei zu bündeln, doch steht der führungsschwache Kanzler für diese Strategie nicht zur Verfügung.

Kohl ist dabei, jenes Projekt „CDU - die moderne Volkspartei“ aufzugeben, mit dem er Kanzler wurde - ein Entwurf, für den die CDU bislang keine erfolgsträchtige Alternative vorzuweisen hat. Vielleicht ist es jedoch erfolgsträchtiger, die inhaltlichen Vorstellungen Geißlers fortzuführen, ohne viel darüber zu reden, denn erst die Worte über die Politik machen aus Konzepten Kontroversen.

Helmut Kohl kann nicht davon ausgehen, daß die CDU gut damit führe, jenen Prozeß zu wiederholen, den einst Helmut Schmidt vollzog - der die SPD zwang, sich inhaltlicher und programmatischer Innovation weitgehend zu enthalten, und aus dem Kanzleramt bestimmte, was als Politik der Partei zu gelten hatte. Allerdings hat Kohl gute Aussichten, daß sich die CDU eine vergleichbare Entmachtung bis zur Bundestagswahl gefallen läßt.

Die CDU hatte Probleme mit Geißlers Modernisierung und ein Personalproblem mit ihrem Kanzler. Helmut Kohl ist jedoch ohne sichtbare Alternative und wird uns bis zur Bundestagswahl erhalten bleiben. Es gibt ein vernünftiges Argument dafür, warum eine Entlassung Geißlers zu einer entscheidenden Verbesserung und höheren Akzeptanz der Regierungspolitik führen kann: Kohl kann nun eine Regierung spießiger Behäbigkeit vorführen, für ein Ende der Debatten sorgen. Er braucht keine Visionen, ihm reicht die Feststellung: „Uns geht es gut in Deutschland.“

Mit der Nominierung Volker Rühes ist die Strategiedebatte der CDU vorerst vertagt. In Nordrhein-Westfalen, im größten Landesverband der CDU, ist man schon bereit, sich auf die neue Konstellation einzurichten - man hat Kommunalwahlen vor der Tür. Einzig Kurt Biedenkopf hat sich deutlich für eine Debatte um den Vorsitzenden ausgesprochen, doch Kurt Biedenkopf in der CDU als Bündnispartner zu haben, bedeutet wenig Aussicht, die Auseinandersetzung zu gewinnen. Die Entscheidung, wie es mit der CDU weitergehen wird, fällt erst nach 1990 als Konsequenz jener Interpretation des Wahlausgangs, die sich dann durchsetzen wird.

Peter Graf war Korrespondent der taz und lebt zur Zeit in Bonn. 1986 erschien bei rororo sein Buch „Schwarze Vision die Modernisierung der CDU“.