Auf der Ostalb liebt man's rauh

Im Halbfinale um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft im Ringen scheiden die „Ostalbbären“ des KSV Aalen gegen den übermächtigen Krösus AV Goldbach aus  ■ Aus Aalen Peter Unfried

Rauh, rauh sind die Gebirgszüge der Schwäbischen Alb, rauh ist das Klima, und rauh ist auch der Menschenschlag dort. An den östlichen Ausläufern dieser rauhen Landschaft liegt Aalen, die Ostalbmetropole. Obwohl, Metropole? Eigentlich ist die Stadt eher klein, mittel allerhöchstens, aber sie hat in Sportkreisen eine guten Namen. Die Fußballer sind's nicht, die sind viertklassig. Sie waren es auch nie, selbst wenn sie lange Jahre drittklassig waren und aus ihren Reihen Mitte der Siebziger ein großer Blonder mit damals bereits schütterem Haar nach Stuttgart ging, zum „Schwabenpfeil“ mutierte und später mal in einem WM- Finale eingewechselt wurde: ein Metzgerssohn, aus Ulm eigentlich, Hoeneß mit Namen, Dieter Hoeneß.

Aber nicht der, sondern eine, mit Verlaub, Mauerblümchensportart, hat Aalens Ruhm in die Welt hinausposaunt: das Ringen. Deutscher Meister 1979 und 1984, weiß der Briefkopf des KSV Aalen stolz, die sogenannten „Ostalbbären“ sind seit über einem Jahrzehnt absolute Spitze.

Auch heuer wieder: Eine mit über zweieinhalbtausend knallvoll gepackte Greuthalle erwartete am Samstag abend den hohen Favoriten AV Goldbach zum Halbfinalrückkampf um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft. Und das, obwohl die württembergische „Germania“ nach einer Kanterniederlage im hessisch-bayrischen Grenzgebiet eigentlich keine Chance mehr hatte gegen die „Bavaria“.

Und das in doppelter Hinsicht. Zum einen im konkreten Fall, weil der 25:9-Vorsprung einfach zu groß war, zum anderen auch auf längere Sicht, weil sich der Aschaffenburger Raum zum „Ballungszentrum Ringen“ schlechthin entwickelt hat, der mit dem gut und gerne gesponserten Goldbach seinen herausragenden Protagonisten und mit dem nur ein paar Meterchen entfernten Mömbris-Königshofen auch noch den zweiten Finalisten stellt.

Und was hat Aalens Macher Karl Maier nicht alles versucht, um trotz aller Handicaps (Standort, Sponsoren, Verhältnis zum Deutschen Ringerbund) ganz, ganz oben zu landen. Zuviel: Die Konkurrenz rieb sich die Hände, als dem Stareinkauf aus dem Osten, Peter Syring, die Startberechtigung abgesprochen, der KSV Aalen von Platz eins der Südgruppe auf Platz vier zurückgestuft und damit in den Kampf gegen die Goldbacher geschickt wurde, statt in der anderen Finalgruppe gemütlich in Richtung Endkampf zu tuckern.

Und die Konkurrenz scharrt auch jetzt wieder, nachdem klar ist, daß die im Sommer ruckzuck eingedeutschten Topringer aus Polen, Andrzey Wronski und Richard (Aalener Schreibweise) oder Ryszard (DRB-Orthographie) Wolny, jetzt wohl auf Nimmerwiedersehen nach Polen zurückkehren. Für Karl Maier eine „Sauerei“. Für den selbsterklärten Helden im Kampf „allein gegen alle“ (die anderen Vereine inklusive DRB) stellt sich keinesfalls die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Polen an die deutsche Staatsbürgerschaft gekommen sind, denn laut Kosmopolit Maier kann jeder so viele Staatsbürgerschaften haben, wie er halt so braucht; er erbost sich über das Vorgehen des Ringerbundes, der beim polnischen Verband nachzufragen geruhte, ob man dort die neuen Deutschen denn auch für deutsche Meisterschaften freizugeben gedenke, wovon aber natürlich keine Rede sein kann, da der polnische Ringerbund seine Athleten selbst meistbietend verleihen will. Wären die Jungs ganz und gar deutsch, gäb's kein Geschäft mehr. Devise: Devisen.

Jedenfalls, die Aalener schlagen sich dann prächtigst beim Kämpfen, und ein paarmal schwappt die Halle sogar über, trotz der hoffnungslosen Lage. So, als im Kampf des Abends in der 82-Kilo-Klasse der Aalener Murat Cebi gegen den deutschen Meister Alexander Leibold auftrumpft, für eine gelungene Aktion aber nur „a Oiserle“, eine Einerwertung bekommt, die Bären- Supporter aber „a ganz klare Zwoierwerdung“ gesehen haben, die aber Mattenleiter Adam, „der Depp“, deshalb nicht gibt, weil er „keine Ahnung vom Pfeifen“ hat. Konsequenz: „Adam raus“.

Auch Goldbachs Paradegreifer Gerhard Himmel, Weltmeister und Olympiazweiter, kriegt sein Fett ab. Der bat seinen Trainer, für das Finale geschont zu werden, und wird daher tausendkehlig ein „Feigling“ geziehen. Immerhin, man amüsiert sich.

Am Ende heißt es 19:16 für die Goldbacher, nuuur 19:16. Schön war's, „nur schade, daß so wenig Aalener mitringen“, sinniert ein Mädchen beim Rausgehen, „eigentlich gar keiner“. Doch nur mit den Allerbesten kommt man in den Endkampf, und nur durch den Endkampf kann man den Etat einigermaßen abdecken, der natürlich recht hoch ist, wenn man viele „Allerbeste“ angestellt hat. Wie sagt man? Ein Teufelskreis.

Der sich für Aalen heuer nicht sportlich und schon gar nicht finanziell gelohnt hat. Vorsitzender Maier muß jetzt überlegen, wie's weitergehen soll und kann. Der Rundumschlag, den er erwägt, Klage gegen den Ringerbund gar, scheint da kaum der Stein der Weisen. Doch wie gesagt, auf der Ostalb liebt man's rauh.