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■ Sparen an den UnisAuf Tauchstation

Rund 146.000 Studierende gibt es derzeit an den Berliner Hochschulen. Für sie soll es, so sah es der vor einem Jahr verabschiedete Hochschulstrukturplan vor, 100.000 ausfinanzierte Studienplätze geben – 15.000 weniger als bisher. Doch die Planungssicherheit, mit der Wissenschaftssenator Manfred Erhardt den Unis den Aderlaß schmackhaft machen wollte, ist längst dahin. Wenn das Abgeordnetenhaus diese Woche den Doppelhaushalt 1995/96 verabschiedet, der den Unis noch einmal soviel Geld abknapst wie der Hochschulstrukturplan, ist ein Ende der Talfahrt nicht abzusehen. Seit zwanzig Jahren bilden die Hochschulen weit über ihrer Kapazität aus. Doch statt der eigentlich fälligen Anpassung der universitären Ausstattung wird im Wissenschaftsetat stärker gekürzt als in anderen Bereichen. Die Zahl der Studienplätze in der Hauptstadt soll auf das Niveau von Flächenstaaten reduziert werden.

Unterstützung finden die Hochschulen auch nicht beim Wissenschaftssenator. Manfred Erhardt ist auf Tauchstation. Nachdem er das Recht zur eigenmächtigen Auflösung von Studiengängen nicht bekam und für seine „Giftliste“ abzuwickelnder Fachbereiche gescholten wurde, zog er sich mimosenhaft zurück. Mit dem wohlfeilen Argument, er habe zum Abbau von Mehrfachangeboten keinerlei Kompetenz, schob er den Schwarzen Peter den Unis zu. Der Senator ist demnach nur ein besserer Kurier, der die Sparvorgaben von Senat und Abgeordnetenhaus an die Unis weiterleitet und die Sparvorschläge dort wieder einsammelt. Diese Amtsauffassung teilte der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses nicht. Er stellte Erhardt ein Ultimatum: Bis zum 31. März nächsten Jahres soll er sagen, welche Studiengänge er streichen will. Der „Vierstufenplan“, mit dem der Senator reagierte, ist freilich eine Farce. Auch er dürfte sich keine Illusionen darüber machen, daß sich die Akademischen Senate der Unis zur verlangten Selbstamputation nicht bereitfinden werden. Das alles heißt nicht, daß Reformen nicht bitter nötig wären. Durch eine Stärkung des Mittelbaus ließe sich zum Beispiel mehr Lehre für weniger Geld realisieren. Doch wirkliche Strukturentscheidungen sind die finanzpolitischen Schachzüge, die jetzt unter diesem Etikett verkauft werden sollen, gerade nicht. Ralph Bollmann

Siehe auch den Hintergrundbericht Seite 19

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