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Auf Bremerhavens StraßenWahlen kaum Thema

■ Eine überparteiliche Initiative versucht, die Menschen an die Urnen zu locken

Am Sonntag wird in Bremerhaven gewählt. Doch von Wahlkampf ist nicht viel zu spüren. Die Wahlschilder hängen brav und bieder in festgelegten Quoten in der Stadt. Ab und zu gab es Infostände und mal Handzettel der Parteien. Das war's. Die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung ist in Bremerhaven kaum Thema.

Bruno Guderia zum Beispiel ist Rentner und frustriert. „Vieles stimmt nicht mehr. Es wird viel geredet aber nichts gemacht.“ Das und noch viel mehr ärgert ihn: der Oceanpark, die Busse, die durch den Bürger fahren. Guderia kommt richtig in Fahrt. Wählen will er trotzdem. Wie immer SPD.

Früher stapelten sich die Wahlplakate and Lichtmasten. Durch die Quotierung geht es jetzt friedlich zu. Die CDU zeigt adrette Gruppenfotos mit Herz. Oder schießt scharf gegen Schröder: „Lügen haben kurze Beine“, das Bild zeigt den Kanzler von der Nase aufwärts. Die SPD setzt auf Jörg Schulz. Und die DVU mit nur 211 Plakaten wettert gegen Geldmangel und Arbeitslosigkeit.

Anika Ruppke wartet zwischen all den Plakaten auf den Bus. Wählen gehen will sie – „auf jeden Fall“. Die 18-Jährige kann zum ersten Mal an die Urne. Das lässt man nicht einfach so sausen. Aber: Sie weiß noch nicht wen. „Zu Hause wird viel diskutiert, aber alle sind sich noch nicht sicher.“ Diskutiert wird über Arbeitslosigkeit, Lehrstellen und Geldverschwendung.

Birgit Vieweg kommt vom Bäcker. Sie arbeitet in der Gastronomie. Und da wird viel geredet - „aber nicht über den Wahlkampf“. Die dritte Wahl in diesem Jahr, „das ist einfach zuviel“. Allen ginge es um Arbeitsplätze – aber nichts habe sich getan. Die meisten Bremerhavener, sagt sie, haben einfach die Schnauze voll. Keine Lust mehr, wählen zu gehen.

Das kennt auch Kurt Hoffmann. Bis jetzt ist er immer hingegangen. „Eigentlich ist das ja eine Pflicht“. Aber die brennenden Punkte – Häfen, Arbeitslosig-keit – da ändere sich sowieso nichts.

Aber es tut sich doch noch was in Bremerhaven: Michael Porwoll strampelt sich ganz gewaltig ab. Termine, Telefonate. Die Zeit vor der Wahl war fest verplant. Viele bekannte Bremerhavener hat er angesprochen und ein parteienfernes „Bündnis für mehr Wahlbeteiligung“ geschaffen – die beste Waffe, um den Einzug der Rechten ins Parlament zu verhindern. Litfasssäulen, Plakatwände und Zeitungsseiten wurden gemietet, auf denen Fotos von Neonazis samt Baseballschläger gezeigt werden: „Wählen gehen bevor es Andere tun“, bevor die Rechten zahlenstark im Parlament sitzen. Es tut sich also doch was - ganz ohne Partei und Proporz. Ob das Engagement von Erfolg begleitet wird, bleibt abzuwarten. pipe

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