heute in bremen: „AufAugenhöhe begegnen“
Karolin Oesker, 33, verantwortet Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit im Blaumeier-Atelier.
Interview Samira Ghozzi
taz: Das Buch der Bremer Autorin Jutta Reichelt heißt „Blaumeier oder der Möglichkeitssinn“. Was ist damit gemeint, Frau Oesker?
Karolin Oesker: Es bedeutet, Räume und Möglichkeiten zu schaffen, in denen sich Menschen ganz echt und auf Augenhöhe begegnen können.
Was heißt es, aus dem „Norm-Rahmen“ zu fallen, von dem die Ausstellungsankündigung spricht?
Das heißt, keinen schablonenhaften Vorstellungen zu entsprechen. Für Menschen mit Beeinträchtigungen bedeutet es oft, bestimmte Dinge nicht zu dürfen, zu bestimmten Räumen keinen Zutritt zu haben. Der vermeintliche Norm-Rahmen sagt: „Du kannst das nicht machen, weil …“
Woher kommen die Menschen in dem Buch und der Ausstellung?
Alle porträtierten Menschen sind Künstler*innen aus dem Blaumeier-Atelier und kommen aus den Bereichen Theater, bildende Kunst oder Musik. Das ist aber nur ein Bruchteil der 250 Personen, die bei uns aktiv sind. Aus jeder Gruppe wollten wir eine Auswahl von Menschen porträtieren. Das Ziel war es, eine Mischung abzubilden, die die Vielfalt des Blaumeier-Ateliers hinaustragen kann.
Sind die Menschen im Buch auch die Menschen der Porträtfotos?
Es sind nur teilweise die gleichen Menschen. Aus den Porträtfotografien sind sieben auch im Buch vorhanden.
Ausstellungseröffnung 17.30 Uhr (ausgebbucht). Die Ausstellung öffnet bis 7. November täglich 11 bis 19 Uhr, Untere Rathaushalle, Am Markt 21
Welche besonderen Geschichten haben sie zu erzählen?
Das Besondere ist, dass sie alle unterschiedlich sind. Jedes einzelne Porträt erreicht die Betrachter*innen und Leser*innen anders. Und trotzdem kann jeder Mensch einen Aspekt seiner selbst dort wiederfinden, sich im Anderen entdecken. Eine besondere Geschichte ist zum Beispiel die eines sehr professionellen Schauspielers, der jedoch aufgrund seiner Beeinträchtigung nicht den gleichen Raum wie Menschen ohne Beeinträchtigung erhält: Es ist nicht vorgesehen, dass er ein Profi ist.
Brauchen die Porträtfotografien den Text oder der Text die Porträtfotografien?
Beides braucht sich. Das Buch ist als eine Art Lesebuch gedacht, die Fotografien und die Texte sollen in dem Buch auf eine Ebene gebracht werden. Jede Facette der Person kann so durch zwei verschiedene Aspekte transportiert werden. Und die verschiedenen Ebenen der Präsentation zeigen wie unterschiedlich die Menschen sind.
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