: Auch unter Aylwin Polizeigewalt in Chile
■ Carabineros lösen friedliche Demonstration gewaltsam auf Gerechtigkeit für die Opfer des Pinochet-Terrors gefordert
Santiago (afp) - Bei den bisher heftigsten Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten unter der Regierungszeit des christdemokratischen Präsidenten Patricio Aylwin sind am Samstag in Santiago de Chile 33 Personen festgenommen worden. Beamte der paramilitärischen Carabinero-Polizei waren prügelnd gegen Hunderte von Demonstranten vorgegangen, die ins Zentrum der Hauptstadt marschieren wollten, um Sühne und Gerechtigkeit für die Opfer des Pinochet-Militärregimes zu fordern.
Wenige Stunden zuvor waren 14 ehemalige politische Gefangene beerdigt worden, die unter dem Regime von General Augusto Pinochet erschossen und in einem geheimen Massengrab im Norden des Landes verscharrt worden waren. Sechs weitere Leichen sind noch nicht identifiziert worden. Unterdessen geht die Suche nach weiteren, geheimen Massengräbern in der Nähe der Ortschaft Pisagua weiter. Die Armee unterhielt dort in den 70er Jahren ein Konzentrationslager für politische Gefangene.
„Wir wollen Gerechtigkeit! ... Nein zur Straffreiheit für Mörder und Folterer!“, riefen die Demonstranten, die von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen zu der Kundgebung aufgerufen worden waren. Die Marschsäule wurde jedoch aufgehalten, als sie sich über die größte Avenue Santiagos, die Alamedo Bernardo O'Higgins, Richtung Stadtzentrum in Bewegung setzen wollte. Die Carabineros setzten dabei Schlagstöcke, Tränengas und Wasserwerfer ein. Einem 'afp' -Fotografen, der Augenzeuge wurde, wie eine junge, friedlich demonstrierende Frau festgenommen wurde, entrissen Polizisten die Kamera und zerstörten den Film, auf dem der Zwischenfall festgehalten worden war.
Ein Staatssekretär im Innenministerium, Belisario Velasco, erklärte, der Polizeieinsatz sei erforderlich gewesen, da die Organisatoren keine amtliche Erlaubnis für ihren geplanten Demonstrationszug hatten. Velasco betonte, es habe „Akte von Vandalismus“ gegeben. Vier Carabineros seien durch Steinwürfe verletzt worden.
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