: Auch in Kriegszeiten lieber ohne Schutz
Humanitäre Organisationen bestehen in Afghanistan auf Unabhängigkeit und lehnen militärische Begleitung ab
BERLIN taz ■ Unabhängigkeit und Unparteilichkeit sind Grundsätze humanitärer Hilfe, die politisches Handeln ausschließen. Missionarischer Eifer in Bezug auf Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit schaden der Arbeit eher, da es schwer ist, „Menschen glauben zu machen, dass wir die Guten sind“. Es geht nur um den Schutz und die Versorgung der Bedürftigsten. Dies war nur einer von vielen Gedanken zu der Frage: „Ist die humanitäre Hilfe gescheitert?“, gestellt von einem internationalen Kolloquium in Berlin. Außer Vertretern der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ (MsF) – der Veranstalterin – dem Internationalen Roten Kreuz (IRK) und anderen humanitären Organisationen nahmen auch australische und deutsche Regierungsvetreter sowie Vetreter des UNHCR teil. Schwerpunkte waren unter anderem der Schutz von Helfern und Zivilbevölkerung sowie das Verhältnis von humanitärer Arbeit und Politik.
Durch die Kontinuität ihrer Arbeit sei für die Mitarbeiter humanitärer Organisationen der Kriegszustand weniger eine Ausnahme als die Regel, hieß es im einführenden Vortrag. Mitarbeiter von MsF bestätigten, dass sich in den Städten, in denen sie vor dem Krieg gearbeitet hatten, nicht viel verändert habe.
Einig waren sich alle Teilnehmer, dass das humanitäre Problem nicht die Ressourcen sind, sondern deren Verteilung an die Bedürftigen. Dabei betrachteten die Organisationen als wichtigsten Schutz ihre Erfahrung und ihre Kontakte im Land. Der Mediziner und MsF-Vertreter Thomas Nierle versicherte gegenüber der taz, dass Mitarbeiter vor Ort mit verschiedenen militärischen Fraktionen verhandeln, um die Sicherheit der Helfer zu gewährleisten, die Hilfe jedoch nur der Zivilbevölkerung zugute käme. Militärischen Schutz für Hilfskonvois lehnten Vertreter von IRK und MsF mit Hinweis auf ihre Unabhängigkeit ab. Ein Vertreter des IRK sagte, seine Organisation werde keinen militärischen Schutz akzeptieren, da ein so geschützter Hilfstransport eher zum Ziel bewaffneter Übergriffe werde. Sicherheitsmaßnahmen der UNO, zum Beispiel in Form von Sicherung der Straßen, würden angenommen.
DINAH STRATENWERTH
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