KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER DICHTER-PROTEST : Auch ich war in Illyrien
Bis zum Ellbogen die Arme in Blut und Scheiße getunkt hat der Realist Hoederer in Sartres Drama „Die schmutzigen Hände“: Er paktiert mit den Besatzern des fiktiven Illyrien – um zu handeln. Der Idealist Hugo hingegen hält sie rein. Und stirbt.
Wenn man ihn ernst nehmen kann, dann ist der Bremer AutorInnen-Streit um die Schirmherrschaft des Kulturstaatsministers fürs „Zwiesprache Lyrik“-Projekt genau damit beschrieben: Dass der Ex-Chef der Bremer CDU seit seinem Bücherverbrennungs-Ausraster 1977 und allen Entschuldigungen zum Trotz schwer erträglich ist für Feingeister, ist klar. Bernd Neumann ist wahrlich keine Persönlichkeit, die für ein weltoffenes Deutschland stehen kann.
Bloß: Schirmherrschaft ist ein symbolisches Geschehen. Und der Streit in der Bremer Autorschaft, ob man mit dem Aufhängen von Lyrikbannern Herrn Neumann zur Xenophilie bekehren kann, oder aber er dieses Geschehen vielmehr als Bühne missbraucht, sich selbst eine internationalistische Aura anzueignen, dieser Streit ist müßig. Bei allem Respekt – die Bühne, die Zwiesprache Lyrik ihm böte, ist ihm längst zu pimpfig. Und dass er, durch die Lektüre des retrospektiven Lyrikbandes gerührt, Umkehr tut und Buße – das erwartet nicht einmal der verbohrteste Idealist.