Auch die Schöne an der langen Leine...

■ ...kämpft mit dem Defizit: Hannovers Theater und Initiativen müssen mit Etatkürzungen rechnen

Clowns und Gaukler, Masken und Kostüme tummeln sich zwischen Springbrunnen, Rosengärten und Buchsbaumhecken - in der Idylle des Herrenhäuser Barockgartens lockt derzeit das jährlich stattfindende „Kleine Fest im Großen Garten“ die Hannoveraner ins Freie. Dort können sie sich von den filigranen Gebilden des traditionsreichen Scharniertheaters verzaubern lassen, Moritaten, Tangos und Zigeunerliedern lauschen oder ihre Lachmuskeln bei den zahlreichen clownesken Kleinkünstlern strapazieren - noch.

Denn so wie es im Moment aussieht, wird im nächsten Jahr das Streichkonzert der städtischen Sparpläne den Ton in der Kulturlandschaft angeben. Und dabei steht Herrenhausen neben dem Staatstheater und anderen anerkannten Institutionen noch gut da, weil deren Arbeit über den Kulturvertrag mit dem Land Niedersachsen für fünf Jahre abgesichert ist. Viel schwerer trifft es die kleineren Initiativen und Projekte, deren Überleben im wesentlichen von den städtischen Beihilfen abhängt, von denen in diesem Jahr bereits 20 Prozent gekürzt wurden. Für 1994 ist in den Sparplänen der Kämmerei eine Reduktion dieses Haushaltspostens um 2/3 vorgesehen.

Der Hannoversche „Pavillon“ hat als etabliertes Projekt einen relativ sicheren Stand. Auch das Kursangebot des Bildungsvereins ist noch nicht grundsätzlich gefährdet. Für freie Theatergruppen dagegen kann diese Kürzung das Aus bedeuten. Wolfgang Piontek von der „Eisfabrik“ sieht das Projekt zusätzlich zu den Streichungen durch auslaufende ABM-Stellen und steigende Mieten bedroht. Der Betrieb kann dann nur noch durch Finanzierung über Fremdarbeit und steigende Selbstausbeutung aufrecht erhalten werden, der Qualitätsstandard der Produktionen wird zwangsläufig sinken.

Neben dem Kulturbereich werden wohl die Kinder- und Jugendarbeit besonders von den Kürzungen betroffen, der Rechtsanspruch auf Kindergartenplätze wird nicht einzulösen sein. Erste Proteste von Ämtern und den betroffenen Einrichtungen wurden bereits laut.

Angesichts eines Haushaltslochs von voraussichtlich 200 Millionen im nächsten Jahr, das, bleibt es ungestopft, die Kommunalaufsicht auf den Plan rufen wird, sind konstruktive Lösungsansätze gefragt. Die Vorschläge reichen von der Streichung von 1000 Stellen (von insgesamt 10.000) in der Verwaltung über Privatisierung des „Theaters am Aegi“ bis zum Verkauf der Anteile an den Stadtwerken.

Bettina Meinecke