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Attentate vor der Wahl in Südtirol

■ Noch gab es keine Toten bei den Anschlägen auf Italiener / Die Urheber der anti–italienischen Übergriffe sind noch immer unbekannt, doch vertiefen sich die Gräben zwischen den beiden Sprachgruppen im Etschtal

Aus Bozen Alexander Langer

Schon zum fünften Mal in sechs Tagen waren die Schlagzeilen der Lokalpresse bereits um sieben Uhr früh überholt: Das „letzte“ Attentat war im Laufe der Nacht zum vorletzten geworden. Bisher ist dabei nur Sachschaden entstanden: Carabinieri–Stationen wurden angeschossen, Sprengsätze in (italienischen) Siedlungen explodierten, ein Elektromast der Eisenbahnlinie wurde umgesägt. Anti–italienische Anschläge im Etschtal zwischen Bozen und Meran, in Südtirol, mit gröblich nazihaften Bekennerbriefen suspekter Herkunft, scheinen (noch) rein demonstrativen Charakter zu tragen, obwohl durchaus auch Personen zu Schaden hätten kommen können. Ein Wahlkampf besonderer Art, auf den man in Südtirol besorgt und nervös reagiert. Italie ner fühlen sich bedroht und können den Haß in diesen Aktionen seitens deutschsprachiger Südtiroler nicht verstehen - sofern sie darin nicht gar den Beweis dafür sehen, daß die bewaffneten Aktionen nur der auffälligste Teil einer breiter angelegten Vertreibungsstrategie seien, um die Italiener wieder aus dem Land zu ekeln, in das sie 1918 als Gewinner des Krieges eingerückt waren. Da am 14.Juni Parlamentswahlen anstehen, wächst natürlich bei den Südtirol–Italienern - einem schwachen Drittel der 450.000 Landesbewohner - mit der Verunsicherung auch der Ruf nach mehr Staat, wirksameren Polizeimaßnahmen und einer ethnischen Sammelbewegung für Italiener, wie es auf deutschsprachiger Seite die Südtiroler Volkspartei ist. Sprachgruppen übergreifende und versöhnliche Positionen, wie sie sich in der grün–alternativen Liste „fürs andere Südtirol“ quer durch die ethnischen Lager sammeln, haben es zunehmend schwerer. Dabei ist es völlig unmöglich, über die Urheberschaft der Attentate schlüssig zu werden. Denn während frühere Anschläge meistens eindeutig gekennzeichnet und gewöhnlich auf Gewinnung politischer Sympathien im eigenen Lager ausgerichtet waren, lassen sich die antiitalienischen Aktionen der letzten Tage nirgends so recht einordnen - auch die Verantwortung extremer deutsch–nationaler Zirkel ist nicht klar nachweisbar. Politischen Gewinn dürften daraus vor allem die italienischen Neofaschisten (MSI) und der italienische Zentralstaat ziehen. Von grün–alternativer Seite wurde deshalb sogar der Verdacht geäußert, es wäre in Südtirol eine neue Episode jener „strategia della tensione“ (Strategie der Spannung) denkbar, die in den letzten 20 Jahren immer wieder Staatsdiener am Werk gesehen hatte. Aber beweisen läßt sich dies genausowenig - und inzwischen wird der Graben zwischen den Volksgruppen tiefer.

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