Attacken gegen russische Molkerei: Joghurt unter Sodomieverdacht
Ein Molkereikonzern druckt einen Regenbogen auf seine Milchtüten. Russische Nationalisten hetzen nun gegen das „weltweite Symbol der Bewegung der Sodomiten“.
Für die nationalistisch grundierte russische Organisation Volkskonzil ist Homosexualität eine Todsünde. Dieses Übel lauert überall – auch auf Molkereiprodukten von Firmen des US-Konzerns PepsiCo. Auf Joghurtbechern und Milchtüten mit der Bezeichnung „Lustiger Milchmann“ ist ein rundlicher Mann abgebildet, im Hintergrund drei Rindviecher unter einem Regenbogen.
Der Volkskonzilvertreter Anatoli Artjuch meint in dem Regenbogen nun „das weltweite Symbol der Bewegung der Sodomiten“ erkannt zu haben. Die Generalstaatsanwaltschaft befasst sich mit der Sache.
Diese Groteske ist nur ein weiterer Teil einer regelrechten Hasskampagne gegen Homosexuelle in Putins Reich. Daran wirkt die orthodoxe Kirche kräftig mit. Menschen mit anderer sexueller Orientierung gelten der Mehrheit der Russen als krank, minderwertig und moralisch verdorben. Sie werden zusammengeschlagen – so wie Mitte Oktober die Besucher eines Moskauer Gay-Clubs.
Im vergangenen April war in St. Petersburg auf Initiative der Kremlpartei „Einiges Russland“ ein Gesetz erlassen worden, das „öffentliche Handlungen, die auf die Propagierung von Sodomie, Lesbentum, Bisexualität und Transgendertum unter Minderjährigen“ gerichtet sind, unter Strafe stellt. Den Volkskonzilern schwebt eine ähnliche Regelung auch für Moskau vor, dafür sammeln sie bereits eifrig Unterschriften.
Auch die US-Sängerin Madonna, die im August in St. Petersburg ein Konzert gegeben hatte, erfuhr die ganze Verachtung der Tugendwächter. Weil sie bei ihrem Auftritt Toleranz und Liebe für Schwule und Lesben gefordert hatte, klagten Vertreter des Volkskonzils wegen „moralischen Schadens“ auf Schadensersatz von umgerechnet 8,3 Millionen Euro. Ein Petersburger Bezirksgericht stoppte das Verfahren – bis auf weiteres.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“