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Atomfirma verschickte illegal 129 Kilo Uran

■ Siemens-Tochter unter Zwangsverwaltung gestellt

Zwei Fässer mit 129,5 Kilogramm schwach angereichertem Uran, das zur Herstellung von Atombomben geeignet ist, sind im vergangenen Mai ohne jede Aufsicht aus der Bundesrepublik in die USA transportiert worden. Die EG-Kommission in Brüssel beschloß am Mittwoch, das verantwortliche Unternehmen, die dem Siemens-Konzern gehörende Advanced Nuclear Fuel GmbH in Lingen (Emsland), für vier Monate unter eine Art Zwangsverwaltung zu stellen.

Die Firma verarbeitet aus den USA kommendes angereichertes Uran zu Brennstäben für Kernkraftwerke. Die Fässer, die für den Transport verwendet werden, schickt das Unternehmen anschließend wieder in die USA zurück. Durch menschliches Versagen seien am 11. Mai irrtümlich zwei volle Fässer in die USA geschickt worden, hieß es in Kommissionskreisen.

Ein Arbeiter habe die zwei Behälter mit Uran in der Nähe des Abstellplatzes für leere Fässer abgeladen. Ein anderer Mitarbeiter der Firma habe sie dann irrtümlich für Leergut gehalten. Die Behälter seien dann über Luxemburg nach Richmond (Staat Washington) geflogen worden und hätten anstandsolos die Zollkontrollen passiert.

Aus einem vertraulichen Pa

pier der Kommission geht hervor, daß die Fässer mit einem normalen Lastwagentransport nach Luxemburg gelangt sind. Dabei habe erhöhte Gefahr für die Umwelt bestanden. Allerdings sei während des Transports kein Uran abhanden gekommen, sagte ein Kommissionssprecher. Die Menge von 129,5 Kilogramm sei weniger als die Hälfte, die man zur Herstellung einer Atombombe benötige.

Die Verwaltung für das Unternehmen soll im Einvernehmen zwischen der Kommission und der Bundesregierung vor dem 15. August bestellt werden. Es ist das erste Mal, daß die EG -Kommission dieses Recht aus dem Euratomvertrag beansprucht. Die Verwaltung beziehe sich allerdings nur auf die Sicherheitskontrollen, die dadurch verbessert werden sollten, hieß es in Brüssel.

Der Geschäftsführer der ANF Lingen, Reinhard Faulhaber, zeigte sich am Mittwoch überrascht über die Brüsseler Entscheidung. Er habe nach den Gesprächen mit der Luxemburger Kontrollbehörde Euratom nur mit einer Verwarnung gerechnet. Nach dem Vorfall im Mai seien die Sicherheitskontrollen der Leerfässer verschärft worden. Er rechne damit, daß die Bundesregierung der Brüsseler Entscheidung entgegentritt.

dpa

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