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Asylpolitik in ÖsterreichFlüchtlinge sollen interniert werden

Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) will Asylsuchende in einem neuen Aufnahmezentrum internieren. Ohne ihnen Rechtsbeistand oder den Kontakt zu Verwandten zu gewähren.

Stellt Asylbewerber unter Beobachtung: Innenministerin Maria Fekter. Bild: ap

WIEN taz | Flüchtlinge, die in Österreich um Asyl ansuchen, sollen vom ersten Tag an interniert werden, wenn es nach Innenministerin Maria Theresia Fekter, ÖVP, geht. Die Law-and-Order-Politikerin hat Ende letzten Jahres nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch den Koalitionspartner SPÖ mit der Ankündigung überrascht, in der entlegenen Ortschaft Eberau im Südburgenland solle ein neues Erstaufnahmezentrum für Asylsuchende gebaut werden.

Das hatte sie ohne Einbeziehung des Gemeinderats mit dem lokalen ÖVP-Bürgermeister vereinbart. Der Aufschrei ließ nicht auf sich warten. Landeshauptmann Hans Niessl, SPÖ, der im Mai vor Landtagswahlen steht, ließ den Baubescheid annullieren und setzte eine Volksbefragung an.

Fekter, die sich vor Weihnachten in der 1.000-Seelen-Gemeinde Eberau den aufgebrachten Bürgern stellte, will sich von ihren Plänen nicht abbringen lassen. Den Ängsten der Eberauer vor 300 frei herumlaufenden Ausländern will sie jetzt dadurch begegnen, dass sie die Asylsuchenden einsperrt. "Anwesenheitspflicht", so die um einen Euphemismus selten verlegene Ministerin, sei nicht dasselbe wie Haft: "Innerhalb des Zentrums dürfen sie sich ja frei bewegen."

Die im Stil einer Kaserne geplante Einrichtung soll nicht nur über einen geräumigen Innenhof verfügen, sondern auch die medizinische Grundversorgung garantieren. Damit wird auch verhindert, dass Asylsuchende abtauchen, bevor die Zuständigkeit Österreichs behördlich geklärt ist. Das dauert in der Regel vier Wochen und länger.

Michael Genner, Vorsitzender der Organisation Asyl in Not, sieht hinter den Internierungsplänen nicht nur die Rücksicht auf eine durch ständige Warnungen vor kriminellen Ausländern zutiefst verunsicherte Bevölkerung: "In diesen alles entscheidenden Wochen will Fekter sie so gründlich isolieren, dass sie todsicher keinen Schutz finden können: Keinen Zugang zu einem unabhängigen Rechtsbeistand, keine Untersuchung durch unabhängige Psychologen, keinen Kontakt zu Freunden und Verwandten. Interniert und isoliert in einem Lager im hintersten Winkel Österreichs."

Der prominente Verfassungsrechtler Heinz Mayer erklärte das Vorhaben umgehend für verfassungswidrig. Schon 1992 habe der Verfassungsgerichtshof ein ähnlich lautendes Gesetz aufgehoben. Selbst die SPÖ, die in Asylfragen zuletzt als willfähriger Erfüllungsgehilfe aller Verschärfungen diente, legt sich quer. Fraktionschef Josef Cap meinte sogar, es sei "nicht klar, ob es unbedingt ein drittes Zentrum geben muss".

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16 Kommentare

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  • T
    tdp

    tja, rassismus und faschismus sterben einfach nicht aus.

    die unwissenheit mancher schreiber hier über die hintergründe/ursachen für migration sind einfach erschreckend. hier sicher und satt im warmen sitzen und was von "wirtschaftsflüchtlingen" und "kriminellen" fasseln. oder zu glauben die flüchtlingen hätten in dem lager eine faire chance auf prüfung ihres asylantrag.

    aber was haben wir hier, fett und satt, schon mit dem hunger, krieg und elend im rest der welt zu tun....

     

    KEIN MENSCH IST ILLEGAL!!!

  • J
    Jan

    @Seelensammler

     

    Genau! Denn erstens sind ausnahmslos ALLE Asylbewerber in Österreich und der ganzen Welt Teil der organisierten Drogenkriminalität (weiß doch jeder) und zweitens hat sich die Internierung unliebsamer Personen bereits mehrfach in der Geschichte bewährt.

     

    Wie dämlich und beschränkt im Denken gehts eigentlich noch? Ich bin immer wieder überrascht. Auch darüber, dass solche sensiblen Themen immer(!) zuerst von ängstlichen Nazidumpfbacken kommentiert werden.

  • K
    Kottlewski

    Dir ist schon klar, dass Österreich schon länger nicht mehr zu Deutschland gehört...? Damals gab es auch einen anderen Namen für Internierungslager (ich meine hier jetzt nicht die Vernichtungslager)... Solche Lager gab es nicht nur in Deutschland, sondern z.B. auch in Russland und in den Staaten, dort wurden nur japanische Amerikaner interniert, Deutschstämmige nicht. Weil wohl von japanischen Kindern, Frauen und eine besondere Gefahr ausging. Das gleiche Problem hat diese unmögliche Politikerin wohl auch ausgemacht...

  • S
    seppel

    Ein drittes - es gibt also schon zwei andere mit gleichen Regeln?

  • O
    Olli

    ich glaube, wer um sein leben fürchtet bzw. politischer verfolgung in seinem land ausgesetzt ist, demjenigen kann durchaus zugemutet werden, 4-6 wochen in einem aufnahmezentrum zu verbringen. wichtig wäre an dieser stelle eine gesetzliche regelung, dass diese zeit definitiv nicht überschritten wird. das setzt natürlich die mitarbeit der asylsuchenden voraus in bezug auf herkunftsnachweis etc. diejenigen, die durch passvernichtung als wirtschaftsflüchtlinge kommen, erschweren das natürlich und behindern damit, dass schnelle hilfe geleistet werden kann.

  • S
    Seelensammler

    Über die Details kann man noch verhandeln. Aber die Marschroute ist richtig. Sobald Asyl nicht mehr die Möglichkeiten birgt, beständig gegen die Gesetze zu verstoßen, also vornehmlich gegen Drogengesetze, wird Deutschland an Attraktivität für die int. organisierte Kriminalität verlieren.

  • IF
    Ingrid Franz

    Man wird irgendwann nicht mehr umhinkommen Maßnahmen zu treffen, um diesen nicht mehr aufnehmbaren Zustrom zu regulieren. Das Nichthinschauen auf die Probleme führt ja erst zu solchen Situationen wie in Italien. Die Wahnvorstellung unserer Gutmenschen, dass 50 Millionen hereingeschleuste Afrikaner das Defizit unserer Geburtenrate ausgleichen kann wird böse Blüten treiben. Die Kinder kriegen sie sicherlich gemacht, aber was zu einer funktionierenden Infrastruktur gehört bringen sie nicht mit.

  • OY
    Onkel Yogi

    Ich finde den Vorschlag konstruktiv, weil so gewährleistet werden kann, dass die Asylbewerber nicht in die Illegalität untertauchen.

     

    So etwas würde ich mir in Deutschland auch wünschen.

     

    Ich kann die Empörung wirklich nicht verstehen.

  • AD
    aso (für den Dau: Akronym=achso)

    Fekter:

    „..."Damit ( Anwesenheitsverpflichtung) werden die Asylverfahren effizienter, weil Asylwerber nicht in die Illegalität abtauchen können."

     

    Michael Genner, Vorsitzender der Organisation Asyl in Not wird sicher auch dafür sorgen könne, daß die Asylsuchenden Besuch von Anwälten und Psychologen bekommen können.

    Möglicherweise eine Frage der Interessen-Abwägung:

     

    Schnelle Klärung der Zuständigkeit, oder langjähriges juristisches Widerspruchsgezerre, mit anschließendem Abtauchen in die Illegalität?

     

    Was wollen die Bürger (Wähler), was die Asylsuchenden?

  • T
    Tom

    Warum wird die Sprache der Ministerin so unreflektiert übernommen? Das Wort "Erstaufnahmezentrum" wäre ein Paradebeispiel für ein Neusprech.

  • P
    Ponti

    Ja wir Österreicher sind schon n heftig Gastfreundliches Land.

  • K
    kdadf

    Oh mein Gott...

  • HA
    Hartwig AMMANN

    Wird die Bundeswehr jetzt AWACS-Flugzeuge Richtung Parteizentrale ÖVP in Marsch setzen?

  • C
    Claudia

    Was für heiße Luft wird da wieder verdampft. Wenn ich Asyl suchen müsste (die Gründe hierfür sind zwar vielfältig aber in der Regel schwerwiegend) würde ich mich freuen in einem zivilisierten Land in ein Aufnahmelager zu kommen (was übrigens für Ostflüchtlinge in Friedland auch nicht viel anders war)dort zunächst medizinisch und mit Kost und Logi versorgt zu werden um dann innerhalb von 4-6 Wochen die weiteren Schritte einzuleiten. Die Zeit sitzt man doch mit einer Pobacke ab. Wo ist das Problem. Während des Aufenthalts wir es sicherlich Orientierungshilfen und Informationsmöglichkeiten geben um die eigenen Planungen und eigenen Möglichkeiten zu checken.

  • WB
    Wolfgang Bentrup

    Das ist gegen alle Rechtsvorschriften! Ich hoffe, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte rückt diese verrückte Idee gerade.

  • M
    manni

    Die gute Frau könnte auch einfach ein paar Käfige auf einer Insel, ....sagen wir mal Kuba....., aufbauen und alle Schutzbedürftigen/ Flüchtlinge dorthin fliegen lassen.

     

    No border. No Nation.

    Kein Mensch ist illegal!