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Asylbewerber in DeutschlandBund plant Balkan-Gesetz

2013 kamen so viele Asylsuchende nach Deutschland wie zuletzt in den 90ern. Unter ihnen sind viele Menschen vom Balkan. Die Regierung will jetzt Konsequenzen ziehen.

Deutschland will mal wieder mehr abschieben: Serbische Asylbewerber in Bad Doberan. Bild: dpa

DORTMUND dpa | Die Bundesregierung will die Zuwanderung von Asylbewerbern vom Balkan begrenzen und die Asylverfahren beschleunigen. Das berichten die Dortmunder Ruhr Nachrichten unter Berufung auf einen Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums.

Danach sollen die Staaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Serbien künftig als „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft werden. So werde die Möglichkeit verbessert, „aussichtslose Asylanträge von Antragstellern aus diesen Staaten rascher zu bearbeiten und den Aufenthalt dieser Personen in Deutschland schneller beenden zu können“, zitiert das Blatt aus dem Entwurf.

Damit werde auch „die Zeit des Sozialleistungsbezugs in Deutschland verkürzt und der davon ausgehende Anreiz für eine Asylbeantragung aus wirtschaftlichen Gründen reduziert“. Eine solche Neuregelung ermöglicht es den Behörden, Anträge von Asylbewerbern aus diesen Ländern künftig als offensichtlich unbegründet abzulehnen.

Das führe zu einer erheblichen Beschleunigung des Asylverfahrens, heißt es dem Bericht zufolge im Gesetzentwurf. Die Ausreisepflicht bei Ablehnung verkürze sich auf eine Woche, die Klagefrist ebenfalls. Das Gericht solle über einen Antrag dann „grundsätzlich innerhalb einer Woche“ entscheiden.

Die Visumpflicht für Mazedonien, Montenegro und Serbien war im Jahr 2009 aufgehoben worden, für Albanien, Bosnien und Herzegowina ein Jahr später. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge registrierte im vergangenen Jahr 22.495 Asylanträge von Bürgern dieser Länder. Von Januar bis Februar 2014 waren es laut Innenministerium bereits 6.112 Asylanträge. Das sind 26,9 Prozent aller Erstanträge.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte bereits Anfang Februar beklagt, dass Asylbewerber inzwischen ganz überwiegend aus Serbien, Mazedonien und Albanien kämen. „Menschen aus diesen Ländern werden nicht politisch verfolgt, ihre Asylanträge müssen rasch und klar beschieden werden“, sagte er damals.

Laut Grundgesetz können Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, wenn gewährleistet erscheint, „dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet“.

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14 Kommentare

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  • B
    blink

    Liebe Redaktion,

    Es freut mich, diesen Bericht so objektiv formuliert vorzufinden, obwohl dieses Thema wohl eine hohe Brisanz mit sich trägt. ich werde nun vielleicht wieder häufiger ihre Berichte lesen, in Anbetracht dessen, dass ich nach einem Ihrer Artikel über die Demonstrationen zur roten Flora doch sehr enttäuscht war.(sich bei der Berichterstattung auf jmd.zu verlassen, der ernsthaft behauptet, dass die Polizei Krankenhauspersonal eingeschüchtert hätte ist mMn mehr als absurd. ( vor allem wenn Angestellte angeben, dass diese eher darum bemüht war pöbelnde Demonstranten im Krankenhaus still zu halten))

  • gehört der balkan seit neuestem zu nahost? mal so am rande gefragt.

  • mal wieder ein völlig überflüssiges gesetzesvorhaben.

  • I
    Irgendwer

    Eine wesentliche Frage zu diesem Themenbereich wurde noch nie öffentlich gestellt:

     

    Wie agiert wohl ein finanziell marodes und gleichzeitig korruptes System? Könnte es sein, daß in solchen Ländern ganz gezielt Maßnahmen ergriffen werden (emotionale Konditionierung), damit die Kostenverursacher und Problemgruppen massenhaft dorthin auswandern, wo es dann den anderen jede Menge Geld kostet (z. B. nach Deutschland)? Denn Krieg muß man ja nicht zwangsläufig mit Kanonen führen.

  • NS
    Na sowas

    Das ist alles nur Augenwischerei vor den Wahlen zum Europaparlament, um der AfD Wind aus den Segeln zu nehmen. Danach gehts wie gewohnt weiter.

  • H
    Hans

    „Menschen aus diesen Ländern werden nicht politisch verfolgt, ihre Asylanträge müssen rasch und klar beschieden werden“

     

    Aha, Karl hat scheinbar keine Ahnung von der Realität in diesen Ländern. Natürlich werden dort Roma und andere Minderheitenethnien verfolgt. Es gibt auch immer noch Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen in Teilen Serbiens, des Kosovo, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Naja, schicken wir Sie halt in ihre Ghetto zurück, das mit den Ghettos konnten die Deutschen schon immer gut.

  • Ich vermag auch nicht zu verstehen, warum man in den 90ern die Spätaussiedler empfangen hat und diese ja auch integrieren konnte, auch mit dem Verweis auf unsere historische Schuld, dies aber bei Sinti und Roma nicht getan wird. Hier wirken für mich immer noch Vorurteile und Stigma durch, die Gesellschaftlich stark verankert sind.

     

    PS: Das 200 Zeichen Maximum ist echt ein bisserl kurz, liebe taz...

    • B
      Beobachter
      @Dubiosos:

      oh Dubiosus, Du scheinst wenig Spaetaussiedler zu kennen. Zum einen sprachen die meisten wenigstens etwas deutsch, und konnten daher iel leichter integriert werden. Zum zweiten hatten die meisten eine Ausbildung. Zum dritten haben die einfach zugepackt. Haben die Spaetaaussiedler sich jemals beklagt oder Interessenverbaende gegruendet (die ja auch darauf hindeuten dass man sich nicht integrieren will)? Eher nein. Es liegt nicht an 'der Gesellschaft' (wer oder was ist das eigentlich?), sondern an den einzeloenen Individuen die nach Deutshcland kommen.

      • @Beobachter:

        Das liegt ganz einfach daran, dass Spätaussiedler arbeiten _durften_. Den Roma vorzuwerfen, das sie "nicht anpacken" ist doch äußerst unsinnig, schließlich haben sie ein Arbeitsverbot.

         

        Des Weiteren waren die Deutschkenntnisse vieler Spätaussiedler doch äußerst begrenzt, wenn überhaupt vorhanden. Ich kenne nämlich im Gegenteil etliche Spätaussiedler und viele von denen sprechen auch heute kein Deutsch (ihre Kinder schon).

         

        Im Übrigen: Welche Interessenverbände haben denn bitte schön die Roma? Es gibt einen Romaverband, aber dieser vertritt alle hier lebenden Roma und nicht nur Flüchtlinge. Und deren Lobby ist trotzdem äußerst gering.

         

        Wenn es an den einzelnen Individuen liegt, was ist dann mit einzelnen Romaschicksalen in meiner Wahlheimat. Die größte Tochter spielt im Schulorchester die erste Geige, spricht perfekt Deutsch (ihr Lieblingsfach), ist gut integriert. Trotzdem steht die Familie jetzt wieder vor der Abschiebung (die Eltern dürfen nicht arbeiten). Was genau machen diese Menschen denn falsch?

    • T
      Tantris
      @Dubiosos:

      Die Spätaussiedler waren deutscher Abstammung,sprachen deutsch u.hatten eine Berufsausbildung.

      Dies ist bei den genannten Volksgruppen wohl nicht,bzw selten der Fall

  • Das waren jetzt nur die offensichtlichen faktischen Fehler, kommen wir noch zu einer politischen Bewertung: Der Entwurf und die Äußerungen des Innenministers machen deutlich, dass pauschal alle Roma abgeschoben werden sollen, sie werden pauschal als "Wirtschaftsflüchtlinge" diskriminiert und wollen angeblich unsere Sozialsysteme ausbeuten. Solch rassistischen und Antiziganistischen Statements sollte doch ein links angehauchtes Blatt wie die taz entgegentreten. Das UNHCR, UNICEF, Amnesty, Pro Asyl und viele andere machen seit langem darauf aufmerksam, dass Sinti und Roma die stärkste verfolgten Volksgruppe überhaupt in Europa sind. Wie soll man eine solch gruppenspezifische Diskriminierung sonst nennen, wenn Roma systematisch Schulbildung vorenthalten wird, Arbeit praktisch für Roma in ihren Staaten nicht zu finden ist und sie in illegalen Siedlungen (also billigen Blech- und Holzhütten) "wohnen" müssen. Wohnen in Würde sieht wahrlich anders aus.

    Warum wird dies in Deutschland nicht als politische Verfolgung anerkannt, warum wird Roma nicht wenigstens ein humanitäres Aufenthaltsrecht zugestanden? Wer würde nicht aus solche Verhältnissen fliehen wollen, wenn er selbst in ihnen wäre?

    Zum größten Hohn wird den Roma dann hier noch vorgeworfen, dass sie Sozialleistungen abgreifen, obwohl sie vielmals von Vermietern (siehe Duisburg) ausgenutzt werden und für sie ein Arbeitsverbot gilt, d.h. sie überhaupt nciht selbst für sich sorgen dürfen. Dies alles vor dem Hintergrund unserer historischen Verantwortung gegenüber (auch wenn das keiner mehr hören mag, Sinti und Roma wurden im dritten Reich massenhaft vergast und sollten systematisch ausgerottet werden.) den ROma ist nur noch traurig.

  • Ich finde es wirklich traurig, dass selbst die taz mittlerweile nur dpa Meldungen scheinbar ohne jegliche Prüfung abdruckt und Kritik gleich ganz sein lässt.

     

    Erstens ist völlig schleierhaft, warum man sich hier auf einen Artikel der Ruhr Nachrichten bezieht, der referentenentwurf ist schon eine ganze Weile öffentlich, Pro Asyl hat dazu bereits am 6.3. eine Pressemitteilung herausgebracht.

     

    Des Weiteren können auch heute schon Asylbewerber aus diesen (und anderen) Ländern als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, dies wird insbesondere bei Roma massenweise gemacht, da eine konkrete Prüfung von Asylanträgen eh scheinbar im BAMF nicht mehr geschieht.

  • V
    Vernunftstattideologie

    Ein überfällges Gesetz. Ich denke, dass die Menschen, die tatsächlich um ihr Leben rennen, um hierher zu kommen, sich fortan weniger verar... vorkommen. Das Asylrecht ist nun mal kein allgemeines Einwanderungsrecht (auch wenn es der unverantwortliche Teil der Linken gern so sähe).

    • H
      Hans
      @Vernunftstattideologie:

      Ach, die Menschen die um ihre Leben rennen, werden sich auch weiterhin verarscht vorkommen. Keine Sorge, dafür sorgt die Bundesregierung. Und Menschen, die nicht akut um ihr Leben fürchten müssen, werden halt weiterhin in Ihren Ursprungsländern diskriminiert und ggf. Opfer von Gewalt. Solange Sie dort nicht sterben ist das ja nicht so schlimm.