: Asyl–Ökologie
Berlin (taz) - „Das kostet keinen Pfennig, keinen Milliarden–Kredit“ brüstete sich Johannes Rau am Donnerstag darüber, auf welch billige Weise man die Asyl–Übereinkunft mit der DDR erreicht habe. Nach Informationen der Grünen Bundestagsfraktion kann man diese Äußerung des Kanzlerkandidaten jedoch nur mit einem „Alles Lüge!“ kommentieren. Aus zuverlässiger Quelle, so ver sicherten gestern die Grünen, wisse man seit dem Besuch einer Grünen–Delegation in der DDR vor zwei Wochen verbindlich, daß das Einlenken der DDR bei der Asylfrage mit einem Einlenken der Bundesregierung beim Umweltabkommen erkauft wurde. DDR–Politiker hätten berichtet, daß bei den deutsch–deutschen Verhandlungen über das Umweltabkommen, die zuletzt vergangene Woche in Bonn stattfanden, die bundesrepublikanische Verhandlungsdelegation die Unterzeichnung des Umweltabkommens von einer Zusage der DDR zum „Stopp des Asylantenstroms“ abhängig gemacht habe. Und bei dem Umweltabkommen geht es neben einer Vereinbarung über gemeinsame Gespräche vor allem um Geld. Die DDR drängt auf eine bundesrepublikanische Finanzspritze zur Abschwächung ihrer ökologischen Probleme. Vordringlich dabei ist die Umweltverschmutzung der Luft durch DDR–Kohlekraftwerke und die Versalzung von Werra, Weser und Elbe. Zur Debatte stand bei den bisherigen Verhandlungen vor allem die Forderung der DDR, Bonn solle sich an der Finanzierung eines Kraftwerkes mit einer Kraft–Wärme–Kopplung in Ost– Berlin beteiligen. Die Bonner Verhandlungsdelegation habe diese Millionenspritze für das umweltfreundliche Kraftwerk, das u.a. die DDR–Trabantenstadt Marzahn mit Energie versorgen soll, an ein Entgegenkommen in der Asylantenfrage gekoppelt. Bei dem Besuch der Grünen– Delegation in der DDR hatte der dortige Umweltminister Reichelt erklärt, das Umweltabkommen sei nun aus der Sicht der DDR unterschriftsreif. Berlins Ex–Innensenator Lummer darf sich nun auf etwas andere Weise bestätigt sehen. Er hatte schon immer gesagt, daß es sich bei dem Asylproblem schließlich auch um ein „Umweltproblem“ handele. Ve.
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