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Asyl in Bremerhavens Pauluskirche

■ Von Abschiebung bedrohte albanische und Roma-Familien werden geschützt

Im Kirchenasyl der Bremerhavener Paulusgemeinde leben seit wenigen Tagen mehrere albanische und Roma-Familien aus Jugoslawien, die unmittelbar von der Abschiebung bedroht sind. Vier Familien wurden schon am 25. April in die mazedonische Hauptstadt Skopje ausgeflogen. Zu den Ausgewiesenen gehörten auch Vater und drei Kinder der albanischen Familie Zidi. Die Mutter Drita Zidi blieb nur deshalb verschont, weil ihre beiden älteren Kinder Esma (9) und Schemsie (10) im Krankenhaus mit Verdacht auf Tuberkulose untersucht werden mußten.

In den Schutz der Kirchengemeinde haben sich auch Sefer und Nevrie Husein begeben. Sie gehörten zu den ersten der über 30 Roma-Familien, die 1987 aus Skopje nach Bremerhaven gekommen waren. Während die meisten frühzeitig abgeschoben wurden oder abgereist sind, wurde der Asylantrag der inzwischen sechs Personen zählenden Familie — zwei Kinder sind in Bremerhaven geboren — erst im März nach fast fünfjährigem Aufenthalt endgültig abgelehnt.

Sefer Husein befürchtet, daß bei einer Rückkehr nach Mazedonien sein 15jähriger Sohn Redcep in die jugoslawische Bundesarmee eingezogen werden könnte und damit sein Leben unmittelbar bedroht wäre.

„Würden sie zurückgeschickt, werden sie nicht nur erneut völlig entwurzelt, sondern in ein Land kommen, in dem die aufgebrochenen Spannungen zwischen den verschiedenen Volksgruppen die am wenigsten geachteten Roma erheblich gefährden“, heißt es in einem Bittschreiben des Bremerhavener „Initiativkreises Asyl“ an Oberbürgermeister Karl Willms und an den zuständigen Innensenator Friedrich van Nispen. Während vom Senator bisher keine Antwort vorliegt, hat der Oberbürgermeister dem grünen Koalitionspartner „unter menschlichem Bedauern“ mitgeteilt, daß der Magistrat eine Aussetzung der Abschiebung nicht garantieren könne. Nachdem die Grünen sich in den letzten Wochen vergeblich um eine „diplomatische Lösung“ im Fall der Familie Husein bemüht hatten, unterstützen sie jetzt das Kirchenasyl der Paulusgemeinde.

Das weitere Schicksal des ausgeflogenen Vaters und seiner Kinder ist bis heute nicht bekannt. Drita Zidi konnte trotz telefonischer Kontakte zu Freunden und Verwandten ihren Aufenthaltsort nicht ermitteln.

„Daß eine Familie auseinandergerissen wird, darf in Bremerhaven nie weider passieren. Wir müssen uns für die politisch Verantwortlichen schämen“, sagt Pastorin Inge Böken. Einstimmig hat sich inzwischen die Bremerhavener Pfarrkonferenz zu dem Kirchenasyl für die Familien Zidi und Husein bekannt.

Der Innensenator wird in der Erklärung aufgefordert, den Abschiebestopp für Flüchtlinge aus den jugoslawischen Bürgerkriegsgebieten wieder einzuführen und für die bedrohten Roma- und albanische Familien ein Bleiberecht auszusprechen. Sefer Husein: „In Mazedonien sagen sie zu mir: Du bist Zigeuern, Du bist kein Mazedonier. Ich bin Roma. Wo ist meine Heimat?“ hh

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