Assads geleakte E-Mails: Tipps vom Schwiegerpapa
Wie manipuliert man Berichterstattung? Das ließ sich der syrische Präsident von seinem Schwiegervater erklären. Syrische Truppen und Deserteure liefern sich derweil Gefechte nahe Damaskus.
LONDON/BEIRUT dpa/dapd | Präsident Baschar al-Assad soll von seinem in London lebenden Schwiegervater Tipps erhalten haben, wie er die Berichterstattung über die Revolution in Syrien manipulieren kann.
Das berichtete die britische Tageszeitung The Guardian am Freitag unter Berufung auf E-Mails, die Assads Schwiegervater Fawas Achras zwischen Juni 2011 und Februar 2012 an den Präsidenten geschickt haben soll. Nahe der Hauptstadt Damaskus lieferten sich syrische Regierungstruppen und Deserteuere indes heftige Gefechte.
Aus den Datensätzen, die dem Guardian von der syrischen Opposition zugespielt worden waren, geht hervor, dass der Vater von Asmaa al-Assad seinem Schwiegersohn unter anderem riet, er solle in Großbritannien veröffentlichtes Videomaterial, das die Folterung von Kindern durch das Regime zeigt, als britische Propagandamaterial abtun. Außerdem soll er ihm geraten haben, um die Foltervorwürfe zu entkräften, an die Misshandlung von Gefangenen durch US-Soldaten in dem Gefangenenlager Guantánamo und in Abu Ghoreib zu erinnern.
Er riet ihm den Angaben zufolge auch, einen staatlichen syrischen TV-Sender zu gründen, der in englischer Sprache sendet, „damit wir in ihrer eigenen Sprache und Mentalität zu der Welt sprechen können, um unsere Sicht der Dinge zu verbreiten“.
Nach Informationen des Guardian verkehrte Achras, der als Kardiologe einen hervorragenden Ruf genießt, in London bislang in besten Kreisen. Seit Beginn der Revolution sollen sich jedoch einige britische Bekannte und Mitglieder der von ihm gegründeten Britisch-Syrischen Gesellschaft von ihm abgewandt haben.
Gefechte bei Damaskus
Syrische Regierungstruppen und Deserteure haben sich nach Angaben syrischer Aktivisten nahe der Hauptstadt Damaskus Gefechte geliefert. Zu den Zusammenstößen sei es in den Vororten Katana, Dumair und Tal gekommen, berichteten die in London ansässige Beobachterstelle für Menschenrechte sowie die Örtlichen Koordinationskomitees. Begonnen hatten die Kämpfe demnach bereits am Donnerstag, in Tal hielten sie aber bis zum frühen Freitagmorgen an.
Es seien die schwersten Zusammenstöße in der Region, seit Regierungstruppen von Präsident Baschar Assad Gebiete rund um die Hauptstadt in einer groß angelegten Militäroperation von Aufständischen zurückerobert hätten, hieß es. Beide Organisationen berichteten zudem von Zusammenstößen zwischen den abtrünnigen Einheiten, die sich unter dem Namen Freie Syrische Armee zusammengeschlossen haben, und Regierungstruppen in der Provinz Deir el-Sur an der Grenze zum Irak im Osten des Landes. Dabei sei ein Mensch ums Leben gekommen.
Wegen der sich verschlechternden Sicherheitslage forderte die Türkei ihre Bürger am Freitag mit Nachdruck zum Verlassen des Nachbarstaates auf. Wie das Außenministerium in Ankara mitteilte, seien türkische Staatsbürger wegen der Entwicklungen in Syrien einem erheblichen Sicherheitsrisiko ausgesetzt. Der konsularische Dienst der türkischen Botschaft in Damaskus werde am kommenden Donnerstag eingestellt. Die Botschaft selbst werde nicht geschlossen.
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