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Asbestsanierung mit dem „Weißen Hai“

■ Kopfschmerzen und Übelkeit bei Betroffenen / Sanierungsfirma: „Kein Zusammenhang“

Der weiße Hai hat wieder zugeschlagen. Diesmal nicht im Film, sondern im Berufsschulzentrum Dauelsen bei Verden. „Weißer Hai“ heißt ein Mittel, das die Bremer Firma „Kaefer“ bei der Asbestsanierung einsetzt. Kaefer ist seit Sommer des Jahres mit der „Entsorgung“ asbestbelasteter Räume der Schule beauftragt. Seit etwa fünf Wochen klagen dort etliche LehrerInnen und SchülerInnen über Kopfschmerzen, Übelkeit und Reizung der Schleimhäute. Verumutete Ursache: die von Kaefer verwendeten Reinigungs-und Bindemittel.

Matthias Kubitza, Sicherheitsingeneur bei Kaefer, erklärte gegenüber der taz: „Alle Mittel, die wir verwenden, sind bei sachgemäßer Anwendung völlig ungefährlich. Wir arbeiten seit zwei Jahren auf diesem Gebiet, und es hat bislang keinerlei Probleme gegeben.“ Keiner der 300 Kaefer-Arbeiter habe, trotz täglichem Kontakt mit den Mitteln, je über Beschwerden geklagt. „Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen den Krankheitsfällen in Dauelsen und unseren Mitteln.“ Kubitzas Vermutung: „Da haben wohl einige die Gelegenheit beim Schopf gepackt, um mal gründlich auf den Putz zu hauen.“

Die Ärzte von drei Erkrankten sahen das anders. Sie bescheinigten per Attest genau diesen Zusammenhang. Ein Arzt allarmierte das Verdener Gesundheitsamt. Im „weißen Hai“ wies die Behörde Biclormethan und Tricloräthylen nach. Beide Mittel verursachen Kopfschmerzen und Übelkeit. Daraufhin wurde der besonders stark betroffene Werkstattbereich sowie einige Klassenräume, in denen verstärkt Symptome aufgetreten waren, geschlossen. Den Unterricht verlagerte der Landkreis kurzfristig in die Feuerwehrtechnische Zentrale.

Die Spezialfirma Kaefer blieb jedoch weiter am Werk. Das Gesundheitsamt untersagte jedoch die Verwendung des „Weißen Hai“. Lehrer und Schüler wollen aber auch noch nach dem Verbot der Chemikalie Arbeiter beobachtet haben, die mit dem umstrittenen Mittel hantierten. Außerdem vermuten sie in einem Asbestbindemittel, das dauerhaft auf die Wände aufgetragen wird, ebenfalls schädliche Stoffe. Als sie ein unabhängiges Institut mit entsprechenden Schadstoffmessungen beauftragen wollten, mauerten die Schulleitung und der Landkreis Verden.

Auf Drängen der Lehrerschaft und der Schülervertretung führt derzeit das Gesundheitsamt weitere Messungen durch. Die Auswertung dauert allerdings noch etwa 14 Tage. Noch am Montag erklärte das Gesundheitsamt, von den Meßergebnissen wolle man weitere Maßnahmen abhängig machen. Gestern fanden die LehrerInnen einen von der Schulleitung unterzeichneten Zettel im Fach vor: Nach „ausgiebiger Beratung“ erklärt das Gesundheitsamt, „unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse“ sei die Nutzung der Schulräume mit Ausnahme des geschlossenen Werkstattbereiches „zum gegenwärtigen Zeitpunkt völlig unbedenklich.“

Annemarie Struß-v.Poellnitz

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