Asbestberg in Niedersachsen: "Dieser Müll ist hochgefährlich"
Was tun mit 170.000 Tonnen illegal gelagertem Asbestmüll? Vor Ort sichern, so der niedersächsische Grüne Stefan Wenzel. Sonst können Giftmülltransporte aber nötig sein.
taz: In Wunstorf bei Hannover liegen auf einer illegalen Müllkippe 170.000 Tonnen Asbestmüll. Sie sollen mit Lastwagen zu zwei Sondermülldeponien nach Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein gebracht werden. Ist das nötig?
STEFAN WENZEL: Dieser Müll ist hochgefährlich, er kann da nicht einfach so liegen bleiben. Aber die Bedenken in Schwerin und Kiel gegen die Transporte sind so groß, dass wir jetzt überlegen müssen, den Asbestberg vor Ort zu sichern.
Wie soll das gehen?
Man könnte entweder eine Spundwand bauen, und damit die Seitenwände des Hügels stabilisieren. Oder gleich eine Halle darüber errichten. Wichtig ist, dass es durch Regen oder Sickerwasser nicht zu Auswaschungen kommen kann oder das Fasern austreten und in die Atemluft gelangen können. Solche Sicherungsmaßnahmen würden zwischen fünf und acht Millionen Euro kosten.
Jahrgang 62, ist Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag von Hannover. Der Agraringenieur ist Sprecher für Umwelt-, Energie- und Atompolitik seiner Partei.
Wäre ein Abtransport mit Big-Bags, geschlossenen Behältern, die auf den Sondermülldeponien eingelagert werden, nicht besser?
Es wären über 7.000 LKW-Transporte nötig, um den ganzen Müll abzutransportieren. Die Proteste dagegen in den beiden Bundesländern, in die er gebracht werden soll, sind einfach zu groß. Wir müssen jetzt innehalten und ernsthaft die Alternativen prüfen.
Es wird viel Aufwand betrieben, um Sondermülldeponien sicher zu machen. Und jetzt lässt sich ganz einfach ein Giftberg vor Ort abdichten?
Es gibt Studien, die belegen, dass das möglich wäre. Aber natürlich müssen wir vorher ganz sicher stellen, dass in dem Asbesthaufen nicht weitere giftige Stoffe liegen, die ins Grundwasser gelangen könnten. Wir müssen das Problem zügig lösen, aber die Zeit, um diese Alternative zu prüfen, haben wir noch.
Der Asbestberg schlummert seit 1993 in Wunstorf. Wie kann das sein?
Tja, und es ist nicht mal der einzige. Wir haben viele alte Deponien im Land, es gibt ein Altlastenkataster mit ganz vielen bunten Punkten drauf, und jeder Punkt bedeutet problematisch gelagerte Abfälle aus Industrie und Handwerk. Wir fordern schon lange, dass das Land einen Altlastenfonds auflegt. Denn viele Kommunen wollen belastete Flächen sanieren, schrecken aber vor den Kosten zurück. So war es ja auch letztlich in diesem Fall. An dem Fonds müssten sich natürlich auch Industrie und Gewerbe beteiligen.
Niedersachsen unterhält keine eigene Sondermülldeponie. Wollen Sie über alle Altlasten Hallen bauen, oder sie doch nach Mecklenburg-Vorpommern karren?
Das kann man so pauschal nicht sagen, da muss jeder Fall einzeln bewertet werden. Grundsätzlich ist es aber sinnvoll, wenn die Bundesländer miteinander kooperieren, nicht jedes Land muss alles haben. Einige wenige zentrale Sondermülldeponien sind ökologisch und ökonomisch durchaus sinnvoll, auch wenn das bisweilen Abfalltransporte bedeutet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut