: Asbest im Kleingartengebiet zerhackt
■ Blumen-Vertrieb Kähler läßt Toshi-Platten mit der Spitzhacke abreißen / Gewerbeaufsicht: „Das ist Schweinkram“
„Schnittblumen kann man hier in Norddeutschland nicht mehr ziehen“, sagt Wilhelm Kähler, Besitzer einer „Blumen -Vertriebs-GmbH“ im Kleingartengebiet am Weidedamm in Findorff. Er weiß es aus eigener und schmerzlicher Erfahrung: „Ich hatte einmal 13 Hektar unter Glas.“ Heute sind es gerade noch 10.000 Quadratmeter, seit Jahren ist die Firma auf Handel mit holländischen, israelischen und anderen Blumen umgestellt.
Am Weidedamm ziehen zum Teil türkische Frauen ihre Zucchinis und Tomaten in Kählers Blumen-Treibhäusern. Einige allzu baufällige Teile werden seit ein paar Tagen abgerissen, mit Spitzhacken haben Arbeiter die Glas-Dächer niedergeschlagen, auch die asbesthaltigen Toshi-Platten, die in einigen der Treibhäuser verwandt worden sind. Demnächst soll der Bagger kommen und den Bauschutt wegfahren.
„Das ist Schweinkram“, sagt der zuständige Abteilungsleiter des Gewerbeaufsichtsamtes Jürgen Jahn zu einer derartigen Methode des Umgangs mit Asbest. Denn asbesthaltiger Zement fällt unter die „gefährlichen Stoffe“, für deren Beseitigung es eine Vorschrift gibt, eine „technische Regel“ mit der Nummer 517. Danach müssen Abbruch-Arbeiten von asbesthaltigen Platten beim Gewerbeaufsichtsamt vorab angezeigt werden, ein „Arbeitsplan“ muß eingereicht werden, aus dem hervorgeht, wie die Arbeiten ausgeführt werden sollen, die Abnahmeerklärung einer Deponie für den Asbest muß vorliegen.
Überall wo eine mechanische Beschädigung der Platten passiert, tritt der Feinstaub aus - beim Abbau der Asbestplatten „darf man sie auf keinen Fall schmeißen“, zum Beispiel, sagt ein Techniker von Toshi. Ein Abriß mit der Hacke wäre nie genehmigt worden, sagt der Gewerbeaufsichtsmann Jahn, aber wenn die ausgetretenen Fasern vom Wind über die umliegenden Kleingärten verteilt sind, ist außer einer Buße für die „Ordnungswidrigkeit“ nichts mehr zu machen. Asbest-Abbruch müßte
verschweißt werden
Die zerstückelten Reste der Asbest-Platten müssen aber zumindest feucht gehalten werden, bis sie eingesammelt und in einer reißfesten Plastik-Folie verordnungsgemäß verschweißt sind. Nur so darf eine Mülldeponie Asbest-Schutt annehmen.
Der Unternehmer Kähler gab sich gestern, in Unkenntnis des anstehenden Besuches der Gewerbeaufsicht, noch ahnungslos: „Das ist ja kein Gift in dem Sinne“, fand er, auf das Asbest angesprochen. Und die Arbeitslosen, die er für den Abbruch angeheuert hat, sind froh, sich etwas verdienen zu können. „Das ist kein Asbest, das sind Toshi-Platten“, sagte einer zur taz, „haben Sie mal Asbest gespritzt?“ In den 60er Jahren hatte er als Beschäftigter der Firma Käfer auf dem Bremer Vulkan mit Spritz-Asbest gearbeitet und ist dort täglich ganz anderen Konzentrationen ausgesetzt gewesen.
Die umliegenden Kleingärtner sorgen sich weniger um den As
best-Staub als um die Frage, was auf dem Gelände der Gärtnerei mitten im Kleingartengebiet passieren könnte. Einen Teil des Grundes habe der Eisenbahner Bau- und Sparverein gekauft, weiß einer: „Ich kann mir nicht vorstellen, daß der das kauft, um da Kleingärten zu machen.“ Der Unternehmer Kähler hält bei der Frage nach seinen Plänen mit den für ihn nun wertlosen Grundstüc
ken bedeckt und will nicht einmal bestätigen, ob er schon verkauft, oder ob er Verkaufsabsichten hat. „Nichts“ solle da sein, wenn die alten Treibhäuser erstmal verschwunden sind, meinte er zur taz.
Im Flächennutzungsplan ist das Gelände auch noch als „Dauerkleingartengebiet“ ausgewiesen. Daß die Kählerschen Grundstücke von der Stadt aufgekauft
und dem umgebenden Kleingartengebiet zugeschlagen werden, scheint allerdings eher unwahrscheinlich. Der zuständige Mitarbeiter im Stadtplanungsamt, Drögmöller, kann sich durchaus vorstellen, daß irgendwann in den nächsten Jahren ein Bebauungsplan erstellt und ein Teil der Kähler -Grundstücke Mitte der 90er Jahre zum „Bauland“ umgewidmet werden.
K.W.
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