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Asbest-Kaffee

■ Das Prinzip und die Wirklichkeit

Berlin tut gut und bietet mehr, als gedacht. Besonders, wenn der Tourist oder Stadtbummler ein Cafe im Europacenter besucht: Der Capuccino kann mit Asbest-Flocken gekrönt sein und der Banana-Eis-split mit Fasern verziert - alles ohne Aufpreis.

Wenige Meter entfernt werden nämlich jetzt die verwitterten Asbestzement-Platten an der Rückseite des Parkhauses Europa -Center herausgeschnitten.

Grob vorschriftswidrig mittels eines schnellaufenden Trennschleifers, wie Zeugen berichten. Die in der Sonne sitzenden Cafe-Gäste durften deshalb eine konzentrierte Asbeststaubwolke einatmen, die ungehindert durch die undichte Folienverkleidung drang.

Kein Wort von wahr, meint dagegen Bauleiter Glaubitz. Richtig sei nur, daß man die Asbest-Platten unter dem unvermeidlichen Abfall von Krümeln der Einfachkeit halber aus den Schraubenverankerungen herauszubrechen begann.

Auch das genügt nach dem Urteil der Fachleute, um tausende von krebserzeugenden Asbestfasern freizusetzen.

Vorschriften gelten eben nur „im Prinzip“, ist die Antwort des Leiters der Charlottenburger Bauaufsicht, Herrn Knittel. Das gelte außerdem auch für Asbestarbeiten. Im Prinzip müßten die Beamten im Winter durch Wohngebiete rennen, um darauf zu achten, ob im Ofen nicht mit chemischen Zusatzstoffen getränktes Holz verfeuert wird.

Was ebenfalls keiner tue. Resümee des Amtmannes: „Es gibt Bestimmungen, die eine rechtliche Wirkung entfalten, aber kaum zu derselben kommen, weil das keiner überwachen kann.“

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