Gemütlich war sie, die fußläufige Hauptstadt Bonn. Die Politik war so übersichtlich wie die Stadt selbst, in der man auf Schritt und Tritt über Regierungsgebäude und Bundespolitker stolperte. In Berlin wird es vorbei sein mit der rheinischen Nähe, und Frikadellen wird man nun Buletten nennen müssen. Ein letzter Spaziergang ■ Von Markus Franz
■ Auf dem SPD-Sonderparteitag ging es nur um eins: den Kosovo-Konflikt. Gerhard Schröder rechtfertigt den Nato-Einsatz und erhält dafür von den Delegierten viel Beifall
■ Die meisten Abgeordneten von SPD und Grünen sind sich einig, daß die Kommission bis zur Europawahl im Amt bleiben soll. Aber die Diskussion um die deutsche Besetzung hat begonnen
■ Nach Oskar Lafontaines Abgang hoffen manche Sozialdemokraten auf eine "neue Orientierung" der Partei. Doch noch mag niemand sagen, wie die eigentlich aussehen soll. Die Verlierer stehen jedoc
■ Seit 100 Tagen regiert das System Schröder. Niemand versteht es besser als der Kanzler, mit Zuckerbrot und Peitsche zu arbeiten. Seine politischen Ansprüche sind nicht hoch, was er hochhält, ist Schröder.
■ In den Reihen von SPD und Grünen gibt es kaum jemanden, der die Neuregelung, die eigentlich keine ist, für sinnvoll hält. Weniger 620-Mark-Jobs werde es dadurch nicht geben
■ Die geplante Ausweitung der Nettoentlastung der Steuerzahler von weiteren fünf Milliarden Mark tragen die Grünen zwar offiziell mit. Der Zuschlag kommt nach ihrem Geschmack allerdings allzusehr der Wirtschaft zugute
■ Am Ende der rot-grünen Verhandlungen loben beide Verhandlungsdelegationen die gute Gesprächsatmosphäre und die gefundenen Kompromisse. Möglich wurde das nur, weil die besonders strittigen Fragen vorab in kleinen Arbeitsgruppen durchgekaut wurden. Den eigentlichen Streit gab es auch nicht zwischen SPD und Bündnisgrünen, sondern innerhalb der Sozialdemokratie.
■ Neugeborene können automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen. Immigranten sollen künftig nach acht statt wie bisher 15 Jahren einen Anspruch auf Einbürgerung erhalten
■ Vor der heutigen Koalitionsrunde über ein Bündnis für Arbeit wissen die Grünen nicht so recht, womit sie beim Regierungspartner rechnen müssen. Die Rücknahme der Reformen stößt in der SPD nicht auf ungeteilte Zustimmung
■ Keiner will sie, aber kommt sie trotzdem? Selbst Kanzler Kohl hielt die Große Koalition gestern erstmals „prinzipiell für möglich“. Für die SPD wäre das schwarz-rote Bündnis nur die zweitbeste Lösung. Doch Umfragen sprechen eine zu deutliche Sprache. Planspiele für die Elefantenhochzeit haben längst begonnen.
■ Das Ergebnis der Bayernwahl hat den Sozialdemokraten die gute Laune vermiest. Hat man im Wahlkampf Fehler gemacht? Hätte man mehr auf Inhalte als auf die Person Schröder setzen sollen? Zweifeln ist streng verboten. Und doch kommen Zweifel am Wahlsieg in Bonn auf.
■ Euro-Ambivalenz der Opposition: SPD-Kandidat Schröder sucht nach „guten Gründen“, die D-Mark abzuschaffen. Joschka Fischer verlangt eine weitergehende europäische Integration