Lidokino (10): Marco Bellochios fiktiver Film über die Entführung und ErmordungAldo Moros durch die Roten Brigaden ist einer der Favoriten für den Goldenen Löwen
Lidokino (9): Zwei Arten des Sterbens beim Filmfestival in Venedig: Michael Schorr lässt einen Bergmann aus Sachsen-Anhalt zur letzten Fahrt auf den Mississippi aufbrechen, und in Royston Tans „15“ sinnieren Teenager in Singapur über den Selbstmord
Eine Untergeherin: Isabel Coixets Spielfilm „Mein Leben ohne mich“ erzählt von einer Frau, die nur noch wenige Wochen zu leben hat und ungerührt dabei zuschaut, wie sie aus der Welt geht. Das Sterben wird nicht mit Sinn aufgeladen, die Krebserkrankung nicht als dramaturgischer Kniff benutzt
Lidokino (7): Die Filme des diesjährigen Festivals in Venedig leben von der Musik – manche so sehr, dass Journalistinnen noch Stunden nach der Vorführung „You’re just too good to be true“ trällern
Lidokino (6): Die Reihe der Filme, die sich bislang historischen Themen widmeten, optiert fast ausschließlich für die schwere Sprache des Symbolischen. Zu einer kühlen, selbstreflektiven Veranschaulichung und Konkretion ihres Sujets gelangen sie nicht
Lidokino 5: Lachen über die Gesten der Vergeblichkeit. In „Lost in Translation“ von Sofia Coppola überlappen sich Melancholie und Gelächter wunderbar. Weniger lustig ist die Vergeblichkeit von Pressekonferenzen, selbst mit Anthony Hopkins. Richtig öde wird es, wenn James Ivory die Reizwäsche zückt
Lidokino (4): Tsai Ming-Liangs Film „Bu Sun“ spielt in einem alten Kino Taipehs und ist eine melancholische Hommage an King Hus Martial-Arts-Film „Dragon Inn“ von 1966
Lidokino 3: Fremdsein ist nicht immer ein Gewinn. In Kabul trat die iranische Filmemacherin Samira Makhmalbaf auf wie ein reicher Onkel. Ein Lob der Differenz dagegen ist Jacques Doillons „Raja“
Lidokino (2): In „Anything Else“, Woody Allens Eröffnungsfilm der Filmfestspiele von Venedig, geht es um die Verwicklungen, die sich aus der Unfähigkeit ergeben, das Wort Nein zu sagen. Tolles Geplatter – das wiederum Raoul Ruiz’ Barthes-Porträt fehlt
„Charlie Chaplin. Eine Ikone der Moderne“ ist ein lesenswerter Sammelband mit zeitgenössischen Texten über Charlie Chaplin, die Angst vor den laufenden Bildern und den Eigenwillen der Dinge
Wie man mit Texten der Macht und Allgegenwart des Todes trotzt und Menschen durch Worte am Leben erhält: „Party im Blitz“, Elias Canettis Anfang der Neunzigerjahre entstandene und jetzt postum veröffentlichte Erinnerungen an seine Zeit in England
Keine Frage von Schuld oder Unschuld mehr: Mit seinem neuen Roman „Die Unvollendeten“ zeigt Reinhard Jirgl, dass man sich auch ganz ohne weinerliche Selbstgerechtigkeit mit der Vertreibung der Deutschen auseinander setzen kann. Ein Porträt
Argentinien steckt in einer Wirtschaftskrise. Zugleich wird das „neue argentinische Kino“ international gefeiert – und das zu Recht. Ein Bericht über die Voraussetzungen der Filmproduktion in den Zeiten von politischen Protesten und entwerteten Pesos
Eichingers Wille und der öffentliche Beitrag: Der Ausschuss für Kultur und Medien tagt – über die Frage, ob eine neue Filmakademie künftig den Bundesfilmpreis vergeben soll
Ein Mann, eine Frau und ein Canyon: „Japón“, das Debüt des jungen mexikanischen Filmemachers Carlos Reygadas, folgt Tarkowskis Spuren und lässt die Kamera kreisen. Heraus kommt ein von sich selbst überzeugter Film, der weder den Willen zur Kunst noch die religiösen Anwandlungen versteckt