Das freie Wochenende ist in unserem Kulturkreis heilig. Dass bald auch am Sonntag eingekauft werden kann, liegt freilich nicht an raffgierigen Kaufkonzernen und nicht an flexibilitätsgierigen Neoliberalen – sondern an den Menschen selbst. Die nutzen ihre freie Zeit durch viele Aktivitäten – und zu ihnen zählt inzwischen auch das Shopping mit der Familie. Ein Essay ■ von Bernd Guggenberger
Schließen Sie die schweren roten Samtvorhänge Ihres Speisezimmers. Entzünden Sie die acht Kerzen auf dem vergoldeten Kandelaber, rücken Sie die hochlehnigen Stühle zurecht und dann: Essen Sie wie Gott in Lübeck. Beim taz-Weihnachtsmenü gibt es Thomas Mann statt Gans und Pute. Das Festmenü aus den „Buddenbrooks“ zum Nachkochen in einer modernisierten, leichter verdaulichen Variante – ergebenst vorgestellt ■ von Manfred Kriener (Text) und Karin Desmarowitz (Fotos)
Jochen Kalina ist Polizist. Zuständig für entlaufene Jugendliche. Dort, wo die meisten von ihnen hingehen, wenn sie auf ihr Zuhause keinen Bock mehr haben. Sozialarbeiter kümmern sich um diese Halbwüchsigen erst, wenn sie wirklich ein Leben in Normalität anfangen wollen. Für die Zeit davor sind es ausgerechnet Polizisten, die zu ihren Schutzmännern werden. Was sie den Entlaufenen bieten können, ist nicht das Wärme- und Hilfsprogramm der Jugendfürsorge. Denn sie können notfalls auch hart durchgreifenund sie gegen ihren Willen zu den Eltern zurückbringen. Jochen Kalina und seine KollegInnen haben eine Autorität, die von den Kindern respektiert wird – weil sie Halt gibt. Mit den Bahnhofspolizisten auf mittnächtliche Streife in Hamburg ging ■ Per Hinrichs
Hätte Gary Lauck in Deutschland bloß ein paar Kilo Haschisch unter die Leute gebracht, befände er sich als US-Bürger längst wieder auf freiem Fuß. Doch der Mann, der jahrelang Deutsche mit nazistischem Propagandamaterial versorgte, muß die vier Jahre Gefängnis absitzen, die das Hamburger Landgericht vor knapp zwei Jahren gegen ihn verhängte – wegen fortgesetzter Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß. Die deutschen Behörden wollen Lauck – anders als sonst bei Ausländern üblich – nicht vor Ede der Strafe freilassen, um nicht in den Verdacht zu geraten, Nazis zu milde zu behandeln. Doch ist das auch rechtsstaatlich und im Einklang mit dem Gebot der Meinungsfreiheit? Ein Essay ■ Von Horst Meier
■ Der Euro lockt, und die Regierungen der meisten Mitgliedsstaaten der EU haben ihren Ländern einiges abverlangt, um die Kriterien für ein Ticket zur Europäischen Währungsunion einzuhalten. Gestern lagen die Konvergenzberichte von elf EU-Mitgliedern komplett vor: Alle Teilnahmewilligen blieben unter der 3-Prozent-Marke. Der deutsche Wirtschaftsminister konnte stolz den Traumwert von 2,7 Prozent Neuverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt verkünden. Aber um welchen Preis? Bezahlt haben die Kanken die immer mehr für ihre Medikamente drauflegen müssen. Bezahlt haben auch die Arbeitnehmer durch steigende Rentenversicherungsbeiträge. Und für Schienen, Gebäude und Schulen ist auch nichts mehr da.