: Artenschutz fehlt Schwung
Ein Jahr nach dem Naturschutz-Abkommen von Montreal sind kaum Vorhaben umgesetzt
Von Heike Holdinghausen
Den Glanz internationaler Klimakonferenzen suchen inzwischen sogar die Regierungen von Ölstaaten. Der Schutz der Biodiversität ist offenbar weniger attraktiv: Ein Jahr nach dem großen UN-Naturschutzgipfel in Montreal findet sich bisher kein Land, das die nächste „Konferenz der Mitgliedstaaten“ (COP) ausrichten möchte. Geplant war die Türkei als Gastgeber der COP 16 Ende 2024, doch sie sieht sich nach den verheerenden Erdbeben im Südosten des Landes dazu außerstande. Nun wird nach einem neuen Ort gesucht.
Dabei hatte die Staatengemeinschaft im Umsetzungsabkommen für die „Konvention zur Biologischen Vielfalt“ vor einem Jahr „ein tolles Arbeitsprogramm verabschiedet“, bilanziert der Präsident der Naturschutzorganisation Nabu, Jörg-Andreas Krüger. Bis 2030 wollte die Menschheit ein Drittel der Erde unter Schutz stellen, 200 Milliarden Dollar für die biologische Vielfalt ausgeben und umweltschädliche Subventionen abbauen, um das Artensterben zu stoppen.
In Deutschland ist davon bislang wenig passiert, kritisiert der Nabu. „Wir reden derzeit sehr viel über Geld, ein wenig über den Klimaschutz und zu wenig über die Naturkrise“, sagt Krüger. Der Nabu, der mit 900.000 Menschen ungefähr so viele Mitglieder hat wie SPD und CDU/CSU zusammen, sei „tief besorgt“ über die Aussicht, dass die Bundesregierung angesichts der Haushaltskrise Investitionen in die „Lebensgrundlagen“ einspare. War die Bundesregierung mit Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) in Montreal noch als Vorreiterin aufgetreten, hat sie ihre eigenen Programme für mehr Artenschutz noch nicht sicher auf den Weg gebracht. Das wichtigste darunter ist der „Aktionsplan natürlicher Klimaschutz“, der für die nächsten Jahre insgesamt 4 Milliarden Euro vorsieht, um Moore wieder zu vernässen, Wälder an den Klimawandel anzupassen oder Flüsse zu renaturieren. „Die einzelnen Förderrichtlinien lagen ewig im Bundesfinanzministerium“, sagt Krüger, „inzwischen sind einige verabschiedet, die wichtigen, großen, etwa zu den Mooren, aber noch nicht.“
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