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Arte-Kurzfilm „El'Sardines“Sag mir, wo die Sardinen sind

Die prämierte Arte-Kurzfilm-Serie „El'Sardines“ erzählt davon, wie eine junge Meeresbiologin in Algerien um ihre Eigenständigkeit kämpft.

Die Meeresbiologin Zouzou in „El'Sardines“ Foto: arte

Warum gibt es an der Küste der algerischen Stadt Oran plötzlich keine Sardinen mehr? Das wollen ebenso der Fischer Hakim (Rabie Ouadjaout) wie seine 30-jährige Tochter Zouzou (Mériem Amiar) wissen.

Die versucht dem Verschwinden der Sardinen als Meeresbiologin auf den Grund zu gehen. Die Suche nach den Fischen zieht sich als motivischer Faden durch die Kurzfilmserie „El'Sardines“ ohne dass es eine abschließende Antwort darauf gibt, warum sie plötzlich weg sind. Der algerische Sechsteiler mit jeweils 10-minütigen Episoden wurde als eine von vier Arte-Produktionen beim diesjährigen Serien-Festival „Séries Mania“ im französischen Lille ausgezeichnet.

Neben der Suche nach den verschwundenen Fischschwärmen, wodurch die Fischer der Hafenstadt Oran in die Pleite getrieben werden, erzählt die Serie von Zouzous Kampf um Unabhängigkeit im konservativen kleinbürgerlichen Milieu des urbanen Algerien.

Die junge Wissenschaftlerin bekommt ein Stipendium, um für ein Jahr auf einem internationalen Forschungsschiff mitzufahren und etwas über die verschwundenen Sardinenschwärme herauszufinden. Vor ihrer Familie hält sie das noch geheim und weiß gar nicht, wie sie es ihnen sagen soll, da sie sicher gegen diese Reise sind. Als Zouzou endlich das ersehnte Visum für die Fahrt bekommt, steht auch noch die Hochzeit ihrer Schwester Ines (Marwa Bakir) unmittelbar bevor.

Arte Kurzfilm-Serie

„El'Sardines“, ab 2. Juni 2025 bei Arte

Alte Jungfer

Zouzous Eltern drängen ihre Tochter, sich doch auch endlich zu verheiraten. Ihre Mutter (Dalila Nouar) schimpft immer wieder, sie wäre mit ihren 30 Jahren schon eine alte Jungfer. Und egal ob die Nachbarin Zouzou ganz herzlich gemeint von ihrem Neffen erzählt, für den sie eine Frau sucht oder die DJane bei der Hochzeit von Ines über Lautsprecher ansagt, dass die Schwester der Braut endlich ihre Doktorarbeit fertig habe und jetzt einen Mann suche (was gar nicht stimmt): Die Ehe ist eine omnipräsente Bedrohung für die junge Zouzou, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen und Karriere machen will.

Und das am besten weit weg von all den familiären Bindungen. „El'Sardines“ ist eine konzis erzählte Geschichte, die in sechs Akten als durchkomponiertes Drama vom Kampf um ein selbstbestimmtes Leben erzählt. Dabei werden familiäre Bindungen keineswegs platt als autoritäres Gefängnis beschrieben. Es geht vielmehr um den schwierigen emotionalen Kampf der grandios spielenden Hauptdarstellerin, ihren Eltern zu vermitteln, dass sie ihre Freiheit ausleben will, ohne gleich alle Bindungen abzubrechen. Nur geht das überhaupt?

Die Serie zeigt ein modernes, großstädtisches Algerien, erzählt aber mehr von den Außenbezirken als von einer wimmelnden Metropole. Zouzou geht jeden Tag mit ihrer Kollegin und Freundin Warda (Lina Boumedine) durch heruntergekommene Straßen zum Strand und sammelt Wasserproben. „El'Sardines“ setzt selbstbewusste, coole, junge Frauen in Szene, die sich ebenso gegen klugscheißernde Macker auf der Straße behaupten, wie auch gegenüber ihren Eltern, die sie vor Sorge, Liebe und konservativen Moralvorstellungen fast erdrücken.

Für Regie und Drehbuch der Low Budget-Serienproduktion zeichnet die algerische Lyrikerin und Poetry-Slamerin Zoulikha Tahar verantwortlich. Neben professionellen Schauspielern sind auch zahlreiche Laiendarsteller zu sehen, unter anderem die Mutter der Regisseurin. Der Kampf Zouzous um Freiheit endet aber nicht in einer überstürzten Flucht aus den sie einschnürenden Verhältnissen, vielmehr verändert die Tochter durch ihre Entscheidung, ihren Traum zu verwirklichen, auch das Leben ihrer Eltern. Die lernen, dass nicht alles gleichbleibt. Das ist ebenso empowernd wie versöhnlich und macht beim Zusehen einfach riesigen Spaß.

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