: Arroganz
(...) Es ist wirklich erstaunlich, mit welcher Selbstherrlichkeit und Arroganz ein Journalist, der kein Spezialist für den Bereich Drogenhilfe und Sozialarbeit ist, sich in bezug auf ein Spezialgebiet äußert, nachdem ihn das gut inszenierte Referat des Hamburger Drogenbeauftragten beeindruckt hat. (...)
Fakt ist: Die Implantierung marktwirtschaftlicher Prinzipien in die Sozialarbeit hat viel mit Sparinteressen und so gut wie nichts mit fachlichen Erwägungen zu tun. Diese fachlichen und fiskalischen Interessen auseinanderzuhalten ist die Kunst, die Oetting hier nicht beherrscht. Maßnahmen der Arbeitsverdichtung und Erfolgskontrolle, „kaufmännische Kriterien“, sind nichts anderes als das in der freien Wirtschaft umgesetzte Bestreben, Kostensenkungen zu erwirken und deren Folgewirkungen durch höhere Individualleistungen der Beschäftigten zu kompensieren. Die neuen Steuerungsmodelle, um die es in diesem Artikel geht, sind ein Versuchsballon, dessen Fluglinie Konsequenzen für die gesamte Sozialarbeit haben soll. „Lean Sozialarbeit“ soll Effizienz bringen, doch kritischer Journalismus hätte hier zu fragen, was sich qualitativ hinter der Effizienzforderung verbirgt, wer an dieser Effizienz ein Interesse hat und auf wessen Kosten diese erreicht würde.
Kurzum: Diese Artikel sind Hofberichterstattung. Sie trommeln für die Akzeptanz von Sozialabbau. Gut für den politischen Macher, schlecht für die davon Betroffenen sowie für mich als Leser und Sozialarbeiter.
Matthias Nauerth
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