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Arroganz der Macht

■ betr.: „Die Suche nach dem fünf ten Schlauchboot“, taz vom 13. 7. 95

Kanzler Kohl irrt gewaltig, wenn er die Entscheidung von Frankreichs Präsident Chirac, wieder Atombombentests durchführen zu lassen, eine souveräne nationale Entscheidung nennt. Da Atombombentests die Umwelt und damit auch Menschen gefährden, können solche Versuche keine nationale Angelegenheit sein, denn Umweltzerstörung macht nicht Halt vor Grenzen. Und nicht ohne Grund läßt Chirac diese Versuche fernab der französischen Heimat durchführen und das gegen zahllose internationale Proteste.

Welche Arroganz der Macht kommt da zum Ausdruck! Dem mit einem Boykott französischer Waren zu begegnen ist ein legitimes Mittel, um Druck auf Frankreich auszuüben, auch wenn der Boykott zuerst Unschuldige zu treffen scheint. Aber wer kann von Unschuld sprechen, wenn die meisten Franzosen Chiracs Schritte stillschweigend dulden? Friedrich Leust, Bremen

Da paßt wieder alles zusammen: Ozonsmog, von Frankreich geplante Atomtests, Frauen als Versuchskaninchen in England. Reimt sich das zusammen?

Leider ja: Die Atomindustrie bohrt im Ozonloch. Das radioaktive Gas Krypton 85, in großen Mengen bei Atombombentests, Reaktorunfällen und in immer größerem Ausmaß auch bei der Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen freigesetzt, steigt in die Stratosphäre, fördert dort die Bildung vieler winzigster Eiskristalle und schafft so das Klima für die Zerstörung des Ozons durch Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKWs). Diesen Zusammenhang fanden fast zeitgleich, aber voneinander unabhängig, deutsche, schwedische und amerikanische Forscher.

[...] Bleibt die Frage: Was kann der „normale Mensch“ dagegen tun? Ungeheuer viel, wenn sich jeder einzelne seiner Macht auch bewußt ist und sein „Denkmandat“ nicht bei irgendeiner Wahl an irgend jemand abgibt! Wenn in Deutschland bis zum geplanten Atomtest-Beginn im Südpazifik kein französisches Auto und kein französischer Camembert gekauft würden, wären die Atombombentests passé. Agnes Grimm, Luttenwang

[...] Alle „nationalen“ Regierungen sind auch ihren Völkern (die schließlich aus verletzbaren, krankheitsanfälligen Menschen bestehen) verpflichtet, sie zu bewahren vor vermeidbaren Gesundheitsrisiken. Und daß aus den Testversuchen herrührende „strahlende“ Wolken den ganzen Erdball umkreisen werden, weiß heute schon jedes Kind.

Alle Regierungen unseres Kulturkreises haben die Menschenrechtserklärungen unterschrieben und sind ihnen verpflichtet. Auch die in jenen Regionen zwischen Australien, Neuseeland und den vielen Inseln Lebenden sind Menschen, deren Leben und Gesundheit mißachtet werden.

Das ist nicht nur eine Frage der Opportunität, der vordergründigen Tagespolitik, es ist eine Pflicht auch unserer Regierung, alles zu tun, um diese neuerlichen Versuche zu verhindern, zumindest, es zu versuchen!

Es handelt sich in allererster Linie hierbei um Menschheitsfragen, vor denen alle nationalen und tagespolitischen Erwägungen klein werden und die vor allem alle Politiker einen sollten, wenn diese nicht beweisen wollen, daß auch ihre unterschriebenen „Menschenrechtserklärungen“ nur ein Popanz sind. Elisabeth Schirmacher,

Frankfurt/Main

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