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Armut in Ost und WestMehr Kohle für den Pott

Das Institut der deutschen Wirtschaft fordert für Ballungsgebiete mit Armutsbevölkerung mehr Fördergeld. Dies gelte besonders für das Ruhrgebiet.

Friedrich-Ebert-Straße in Duisburg: Die Zahl der Armen im Westen wächst. Bild: dpa

BERLIN taz | Für eine Änderung des Länderfinanzausgleichs plädiert das Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Nicht mehr Ostdeutschland als Ganzes, sondern benachteiligte Städte in Ost und West sollten künftig in den Genuss der Förderung kommen, so das arbeitgebernahe Institut aus Köln. Die Forscher argumentieren auf der Basis einer neuen Untersuchung zur Armut im West-Ost-Vergleich: Demnach ist die Benachteiligung in größeren Teilen Ostdeutschlands mittlerweile relativ zurückgegangen.

Zu seinen Ergebnissen kam das Institut (IW), indem es die Kaufkraft in die Berechnung der Armut einbezog. Zwar liegen die Einkommen in den fünf ostdeutschen Bundesländern meist unter den westdeutschen. Da aber die Preise beispielsweise für Mieten und manche Konsumgüter einen noch größeren Abstand aufweisen, könnten sich die Bürger im Osten manchmal mehr leisten als die im Westen.

So litten 2012 in Ostdeutschland 17,7 Prozent der Einwohner unter „relativer Kaufkraftarmut“. In Westdeutschland waren es 14,6 Prozent. Betrachtet man hingegen nur die Einkommen, sei der Unterschied größer, erklärt das Institut. Mit sehr niedrigen Einkommen mussten 2012 in Ostdeutschland 19,9 Prozent der Bürger auskommen, im Westen 14,1 Prozent. Weil das IW mit teilweise anderen Daten arbeitet, liegen diese Armutsquoten niedriger als bei den Kollegen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Konkret in Euro-Beträgen bedeutet die IW-Berechnung, dass in Baden-Württemberg und Hessen ein Single als „kaufkraftarm“ gelten muss, wenn er weniger als 908 Euro monatlich zur Verfügung hat. In Sachsen-Anhalt dagegen liegt dieser Wert bei 812 Euro.

Besonders schlecht schneiden mittlerweile viele Städte vor allem im Westen ab. An der negativen Spitze steht demnach Köln mit einem Anteil von kaufkraftarmen Bürgern von 26,4 Prozent. Sehr hoch ist die Zahl der Armen auch in Dortmund (25,5 Prozent), den Berliner Innenstadt-Bezirken (24,5), Bremerhaven und Leipzig (24,3), Duisburg, Gelsenkirchen, Frankfurt/Main und Bremen.

In ländlichen Regionen im Osten beträgt der Anteil der Kaufkraftarmut nach IW-Berechnungen dagegen oft nur noch um die 10 Prozent. Daraus leitet IW-Chef Michael Hüther die Empfehlung ab, „die Regionalförderung neu auszurichten, um den städtischen Problemen gerecht zu werden“. Ein Schwerpunkt müsse dabei das Ruhrgebiet sein, so Hüther.

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3 Kommentare

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  • Das ist wieder ein typischer wissenschaftlicher Vorschlag: klingt sehr vernünftig, ist aber nur begrenzt umsetzbar. Welche Zahlen sollen denn als Verteilungsgrundlage genutzt werden? Wer hat da die Deutungshoheit? Der Teufel steckt im Detail.

  • Hüther beklagt nun die Folgen seiner neoliberalen Politik. Das ist eine Verdummung der Öffentlichkeit und die taz macht munter mit.

     

    Zum Thema:

     

    http://exportabel.wordpress.com/2014/08/26/wohnungsbau-in-berlin-luxus-in-wien-standard/

  • Unerheblich wie man rechnet. Armut ist da und sie wird wachsen, solange in dieser Art und Weise umverteilt wird. Nämlich garnicht. War die TAZ nicht mal kritischer in Auswahl der Texte und Worte?