Kommentar: Armer Witt
■ Betriebsratsinteresse als Firmenpolitik
„Der Vorstand erklärt eindeutig, daß die vom Unternehmen betriebene Unternehmenspolitik die Sicherheit der Arbeitsplätze stets als ein vorrangiges Ziel berücksichtigt.“ So lautet der letzte Satz aus einer Erklärung der BSAG zum Konflikt um den kaufmännischen Vorstand Witt. Was soll uns der Satz sagen? Sind die Arbeitsplätze „ein vorrangiges Ziel“ neben einem anderen „vorrangigen“ Ziel, nämlich der preiswerten und komfortablen Beförderung der KundInnen? Wenn das gemeint ist, sagt der Satz nichts.
Es geht um mehr als um den Streit von Personen, es geht um die Unternehmenspolitik der Straßenbahn-AG . Wenn dieser Sektor staatlicher Versorgung der privaten Konkurrenz geöffnet werden soll, muß sich die BSAG den Kriterien privater Verkehrsunternehmen stellen. Wer dies jetzt dadurch verhindern will, daß er die Modernisierung des Unternehmens bremst, erhöht kurzfristig den Subventionsbedarf der Straßenbahn und schadet langfristig der BSAG, die dann möglichwerweise ab 1996 nicht mehr mithalten kann.
Daß die Kampfansage an den aus der Privatwirtschaft gekommenen VorstandsWitt ausgerechnet von einem Betriebsrats-Aufsichtsrat kommt, zeigt die Problematik der öffentlich-rechtlich geführten Unternehmen, wo Betriebsratsinteressen die Unternehmensführung von unten und von oben in die Zange nehmen können.
Klaus Wolschner
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