: Arme Region Bremen
Bremen will mit seinen Nachbarn bei Raumordnung und Gewerbe-ansiedlung zusammenarbeiten. Viel zu spät entsteht jetzt ein Konzept
bremen taz ■ „Metropolenregion“ ist das Reizwort. Hannover ist eine, Stuttgart ist eine, Düsseldorf, Hamburg – aber Bremen? Schon um ihre formale Selbständigkeit zu erhalten, diskutieren die kleineren Bundesländer, wie sie in bestimmten Bereichen Kompetenzen aufgeben können. Aus Brüssel wird die europäische Politik mehr und mehr für „Regionen“ definiert. Was liegt also näher als Bremen als „Region“ zu denken? Beim öffentlichen Nahverkehr liegt das auf der Hand: Zwar enden die Straßenbahnschienen bisher an der Landesgrenzen, aber einige Buslinien führen darüber hinaus und die Fahrkarten verlieren auch nicht mehr wie früher ihre Gültigkeit. Doch ist der Pendlerbus bisher fast das einzige Beispiel einer die Landesgrenzen überschreitenden Kooperation. Schon beim Thema S-Bahn ist Fehlanzeige.
Das rächt sich: Während Bremen immer noch mit den keinen Umlandgemeinden um Gewerbeansiedlung und „Wohnen im Grünen“ konkurriert, haben gemeinsame Strukturen zum Beispiel rund um Hannover dafür gesorgt, dass man „gemeinsam stark“ werden will. Bremens Schwäche ist zu einem guten Teil auch die Schwäche der umliegenden Landschaft. In jahrelanger Arbeit hat die „Regionale Arbeitsgemeinschaft Bremen/Niedersachsen“ die Daten unter dem Namen INTRA zusammen getragen, INTRA steht für „Interkommunales Raumstrukturkonzept“. Im „Raum Hannover“ etwa liegt das Gewerbesteueraufkommen bei 645 Euro pro Einwohner, in der Region Stuttgart bei 5.678, in der Bremer Region bei nur 559 Euro. Bei den Sozialhilfeempfängern (Zahlen von 1998) ist es umgekehrt: In der Stuttgarter Region müssen 23 Sozialhilfeempfänger auf 1.000 Einwohner versorgt werden, in Hannover sind es 53, in der Region Bremen 69.
Wenn Bremen kein Bundesland mehr wäre und die Strukturhilfen des Bundes verlieren würde, dann würde die Region um eine halbe Milliarde Euro im Jahr ärmer, hat der Bremer Finanzexperte Rudolf Hickel der Runde vorgerechnet. Das Umland müsse also geradezu ein Eigeninteresse an der föderalen Selbständigkeit Bremens haben. Diese Rechnung zeigt aber auch: Bremen ist nicht arm, weil das Steueraufkommen über die Pendler ins Umland abfließt. Bremen plus Umland sind immer noch arm – die Region hat große Entwicklungsdefizite, verglichen mit den boomenden „Metropolregionen“. Also müssen die Kommunen und Landkreise zusammenarbeiten, statt gegeneinander zu konkurrieren, wenn die Region stärker werden soll: Bei der Ansiedlung neuer Unternehmen, bei der Planung neuer Gewerbegebiete und Verkehrsverbindungen und bei der Planung der Siedlungsstruktur. Kleinere Ortschaften werden ein wenig wachsen, stellen die Regionalplaner zum Beispiel fest, für die größeren Orte und für die Stadt Bremen rechnen Bauexperten in den nächsten 15 Jahren mit einem leichten Bevölkerungsrückgang. Nur der Anteil der Älteren soll überproportional wachsen.
Am 20. Januar haben sich Vertreter von Gemeinden der Region Bremen getroffen, die Bürgermeister aus Syke, Oyten, Hoya waren dabei. Jörg Mielke, Landrat Osterholz, hat bei der Diskussion um das „Interkommunale Raumstrukturkonzept“ einen „Lernprozess“ diagnostiziert. Das Problem: Am Ende müssen alle Beteiligten Kompetenzen abgeben, wenn es neue Entscheidungsstrukturen geben soll. Vorsichtig formulierte er: „In diesem Prozess werden die Ziele und Möglichkeiten, aber auch die Barrieren sichtbar, jedoch dadurch erst überwindbar.“ Während man sich in der „Region Bremen“ langsam annähert und Barrieren identifiziert, wächst der Vorsprung anderer Regionen, die das Problem vor zehn Jahren erkannten und keine Landesgrenze überwinden mussten. kawe