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Argentinische StaatsschuldenHedgefonds kapert Marineschiff

Ein US-amerikanischer Hedgefonds hat ein argentinisches Schiff beschlagnahmt. Der Außenminister in Buenos Aires spricht von einem „hinterlistigen Angriff“.

Die „Libertad“ („Freiheit“) 2010 in Hafen von Mar del Plata. Bild: dpa

BERLIN taz | Angenehme 25 bis 30 Grad bei nur leicht bewölktem Himmel sind für die ghanaische Hafenstadt Tema in den nächsten Tagen angesagt. Schönes Wetter also. Das ist aber auch die einzige gute Nachricht für die rund 200 Frauen und Männer an Bord der Fregatte „Libertad“. Denn das Schulschiff der argentinischen Marine wird von den Behörden in Ghana festgehalten.

Anlass ist eine einstweilige Verfügung, die der US-Hedgefonds Elliott NMKL Capital vor einem Gericht des Landes durchgesetzt hat. Damit will er die Rückzahlung von Milliardenschulden erzwingen, die Argentinien seit der Bankrotterklärung vor elf Jahren bei ihm hat. Der argentinische Außenminister Héctor Timerman sprach von „moderner Piraterie“. Ghana verstoße gegen die Genfer Konvention, wenn es das Schiff nicht umgehend weitersegeln lasse.

Die Regierung in Buenos Aires hatte sich Ende 2011 für zahlungsunfähig erklärt. Zwischen 2005 und 2010 wurden mehr als 90 Prozent der Verbindlichkeiten von ursprünglich rund 100 Milliarden US-Dollar (heute 77,2 Milliarden Euro) umgeschuldet. Dabei mussten die Gläubiger auf rund 70 Prozent ihrer Verbindlichkeiten verzichten. Einige Investoren machten den Schuldenschnitt nicht mit und wollen nun ihre kompletten Forderungen ausbezahlt bekommen.

Dazu gehört auch Elliott. Der Fonds war erst kurz vor der Staatspleite in das Geschäft mit den argentinischen Anleihen eingestiegen, als diese wegen des Ausfallrisikos billig zu bekommen waren. Mit der gleichen Taktik – mit Abschlägen einkaufen, die volle Summe einklagen – hatte Elliott bereits mit den Pleiten der Konzerne Enron und WordCom sowie mit der Umschuldung Perus viel Geld verdient.

Präsidentin Kirchner will nicht zahlen

Gerichte in den USA und Großbritannien, vor denen Elliott die argentinische Regierung auf die Rückzahlung von 1,6 Milliarden US-Dollar verklagt hatte, haben dem Fonds auch diesmal Recht gegeben. Präsidentin Cristina Kirchner will jedoch nicht zahlen. Für sie kommt die Forderung zu einer Zeit, wo es für die Staatsfinanzen alles andere als gut aussieht.

Private Institute schätzen, dass die Inflation bei knapp 24 Prozent liegt, auch wenn das staatliche Statistikamt an 9,9 Prozent festhält. Zugleich hat die Regierung Devisenkontrollen einführen müssen, um zu verhindern, dass immer mehr Argentinier ihr Geld in Dollar umtauschen. Denn die werden gebraucht, um die Staatsschulden zu bedienen, die derzeit rund 180 Milliarden US-Dollar betragen.

Damit sind sie absolut schon höher als bei der Bankrotterklärung, auch wenn sie im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt nur 42 Prozent ausmachen. Der Internationale Währungsfonds kritisiert die „unpräzisen“ Angaben aus Buenos Aires und wirft dem Land damit mehr oder weniger direkt vor, die Daten zu manipulieren.

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6 Kommentare

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  • B
    Bumerang

    Nun sprach der internationale Seegerichtshof ein Urteil.

    "Ghana muss argentinisches Segelschulschiff freigeben

    Der westafrikanische Staat Ghana muss das beschlagnahmte argentinische Segelschulschiff "Libertad" freigeben. Diese Entscheidung verkündete der Internationale Seegerichtshof am Samstag in Hamburg."....

    "Kriegsschiffe unterlägen nach internationalem Recht der Immunität, hieß es zur Begründung."

     

    Nun darf der Hedgfonds die Kosten tragen.

    Des weiteren wäre das eine nette Aufmunterung Kriegsgerät nicht zu bezahlen ;-))

    Griechenland mit seinen neuen, netten schicken U-Booten sollte anfangen.

  • AW
    Alex Wolf

    Die Staatsanleihen wurden unter Aufgabe der Imunität herausgegeben, viele kleine Anleger, u.a. in Italien haben diese Anleihen als Rentenvorsorge zu Kursen > 100 erworben. Argentinien missachtet internationales Recht, die Pfändung ist eine logische Konsequenz. Zu Recht.

  • B
    Bumerang

    Komische rechtliche Lage.

    Ist Argentinien nun Besitzer oder Eigentümer der Libertad?

    Wenn Kriegsgerät, auch historisches, durch Hedgefonds als Eigentümer finanziert wird, so dürften doch bestimmte vertragsrechtliche Inhalte überschritten sein.

    Man stelle sich vor eine Drohne, Eigentümer ein Hedgefonds, hat einen Kill Switch und der Hedgefonds betätigt die Selbstzerstörung. Ein Dorf und viele Zivilisten werden dabei getötet.

    Oder ein Atommeiler, finanziert durch ein Hedgefonds.

     

    Da sollte doch ein jedes Land, inklusive Aktionär, der vllt. völkerrechtlich in Haftung genommen werden kann, überprüfen, wer Besitzer und wer Eigentümer ist.

    Wenn ein Staat tatsächlich hoheitlich, aus Steuern finanzierte Aufgaben in einen Hedgefonds privatisiert, so könnte Argentinen vielleicht den Hedgefonds in volle Haftung/Regress nehmen.

    Der Vertrag null und nichtig aufgrund eines Betruges.

     

    "Eigentlich gehören die Besitzer von Hedgefonds ind den Knast, weil sie die Weltwirtschaft ruinieren."

    Genau so ist es. Manche haben zuviel Geld und wissen nicht wohin damit.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Eigentlich gehören die Besitzer von Hedgefonds ind den Knast, weil sie die Weltwirtschaft ruinieren. Hier wird deutlich wie weit es dieses Gedreck immer noch treiben kann.

  • M
    Marcus

    Die Überschrift mit ihrer Personifikation eines Hedgefonds ist schon interessant. Seit wann ist ein Hedgefonds ein Lebewesen? Hat es Monsanto nun doch zusammen mit Bayer geschafft einen Schmarotzer genetisch so zu verändern, dass ein Hedgefonds daraus wurde?

     

    Liebe TAZler,

     

    ich bin enttäuscht, dass auch ihr schon auf solche Formulierungen hereinfallt und abdruckt. Der Hedgefonds selber kann gar nichts. Nur die geld- und machtgierigen Menschen, die hinter diesem Fonds stehen, können das Schiff erbeuten.

    Wir sind solchen Fonds nicht hilflos ausgeliefert - nur den Menschen, die in ihrer Gier alles "einsacken", was ihnen auch nur im Entferntesten über den Weg läuft.

  • Y
    yberg

    "erbeutet" was soll das.

     

    der pott wurde an die kette gelegt und die argentinier werden jetzt angehört.

     

    dann gehts vor gericht hin und her und man vergleicht sich.wenn nicht gibts ein urteil

     

    sollte der hedgefond gewinnen,hat er erst mal die liegegebühren an der backe und weiß der teufel sonst noch kleingedrucktes und noch lange kein schiff und kein geld.denn dann wird weiter die hand aufgehalten

     

    so ein kahn is ein liebhaberstück und mit der geschichte höchst belastet,wer hat schon bock sich ohne not mit argentinien anzulegen

     

    der zustand des schiffs wird entsprechend den argentinischen staatsfinanzen sein,nämlich beschissen.

     

    für so grotten jibts nich ville,aber da der hedgefond die staatsanleihen weit unter nominalwert aufgekauft hat is da luft.

     

    hier balgt sich erpresser mit erpresser um ein größeres sümmchen und wenn ich ghana lese fällt mir ein ,daß dort ein fantasiereiches rechtssystem besteht,dessen urteile durch gaben bewegt werden können

     

    dualität des rechtssystems heißt das zauberwort ,das die lebensnähe zu den paragrafen optimiert und überbrückt