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Argentinien setzt Schlußstrich

■ In Buenos Aires wurde gestern ein Gesetz verabschiedet, das der gerichtlichen Verfolgung der Verbrechen der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 ein Ende setzt / Die Senatssitzung wurde unterbrochen, nachdem Mütter vom Plaza de Mayo lautstarken Protest erhoben

Buenos Aires (ap/taz) - Trotz heftiger Proteste hat der argentinische Senat am Montag abend einem Gesetzentwurf zugestimmt, mit dem ein Schlußstrich unter die Prozesse gegen Militärs gesetzt werden soll, die sich während der siebenjährigen Militärherrschaft von 1976 bis 1983 wegen Menschenrechtsverletzungen schul dig gemacht haben. Mit 25 gegen zehn Stimmen - bei zehn Enthaltungen - wurde die von Präsident Alfonsin eingebrachte Vorlage gebilligt. Daß sie am Dienstag (nach Redaktionsschluß) auch vom Abgeordnetenhaus gutgeheissen wird, scheint sicher. Nach der Gesetzesvorlage, dem sogenannten Schlußstrichge setz, können Angehörige der Streitkräfte für Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur nur noch dann gerichtlich verfolgt werden, wenn sie innerhalb von 60 Tagen nach dessen endgültigem Inkrafttreten formell angeklagt werden. Für die Einreichung neuer Klagen sieht das Gesetz eine 30tägige Frist vor. Dieser Schlußstrich soll nach den Worten Alfonsins zur Aussöhnung zwischen Bevölkerung und Streitkräften führen, deren Befehlshaber zwischen 1976 und 1983 ungefähr 30.000 Personen „verschwinden“ ließen. Während der Debatte im Senat gab eine Gruppe der „Mütter der Plaza de Mayo“ ihr Mißfallen lautstark kund. Die Sitzung wurde daraufhin unterbrochen, und die „Mütter“, die seit 1977 jeden Donnerstag öffentlich gegen die Menschenrechtsverletzungen, insbesondere die Verschleppung und Ermordung ihrer Söhne, protestieren, wurden des Saales verwiesen. Kommentar auf Seite 4

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