Sprengstoff im Koffer

In Paris nimmt die Polizei zum dritten Mal in wenigen Tagen mutmaßliche Terroristen fest

aus Paris DOROTHEA HAHN

Ein Kofferträger mit Zugang zu sensiblen Bereichen des Flughafens Roissy (Charles de Gaulle) wird seit dem Wochenende von Anti-Terror-Experten in Paris verhört. Im Kofferraum seines in der Tiefgarage des Terminals D-F geparkten Autos waren am Samstag mehrere Pakete Plastiksprengstoff, eine automatische Pistole, eine Maschinenpistole sowie zwei Zünder gefunden worden. Bis gestern Nachmittag schwieg der 27-Jährige. Die französische Polizei, die die Verhaftung erst 24 Stunden später bekannt gab, schließt nichts aus.

Der Kofferträger war am Samstagabend in der Tiefgarage verhaftet worden. Ein pensionierter Militär hatte ihn zuvor an seinem Kofferraum beobachtet, wobei er ein „verdächtiges Klicken“ gehört habe, verlautete aus Pariser Polizeiquellen. Der 27-jährige Franzose, der der Polizei zuvor unbekannt war, hatte auch die Berechtigung für den Zugang zu Flugzeugen. Bei der Durchsuchung des Hauses seiner aus Algerien stammenden Familie in der östlichen Pariser Vorstadt Bondy wurden laut Polizeiquellen auch „islamistische Dokumente“ gefunden. Die Polizei verhaftete ebenfalls den Vater, zwei Brüder und einen Freund des Kofferträgers. Gestern fahndete sie auch nach einer Exfreundin von ihm.

Der Kofferträger von Roissy ist binnen weniger Tage der dritte große Fang der französischen Anti-Terror-Polizei. Bereits am 16. Dezember und am 24. Dezember hatte sie insgesamt neun terrorismusverdächtige junge Leute in den Pariser Vorstädten La Courneuve und Romainville sowie an einem französisch-spanischen Grenzübergang verhaftet. Sie leben in Frankreich. Einer von ihnen ist Bruder eines der US-Gefangenen in dem Lager von Guantánamo. Der Vater der beiden ist als Imam in einer Moschee bei Lyon tätig.

Die neun Verhafteten, darunter eine Frau, werden verdächtigt, Attentate auf „russische Ziele“ in Frankreich geplant zu haben, darunter die russische Botschaft. Allerdings hat nur einer der Verhafteten ausgesagt. Für das Pariser Innenministerium stehen die neun jungen Leute im Zusammenhang mit einer „Tschetschenien-Connection“, gegen die französische Anti-Terror-Experten seit November ermitteln.

Drei Verhaftete sollen in tschetschenischen Lagern in Georgien gewesen sein und an militärischen Ausbildungen in Afghanistan teilgenommen haben. Dabei sollen sie auch Kontakte zu Führungsfiguren von Al-Qaida-Mitgliedern gehabt haben. In den beiden Wohnungen in Romainville und La Courneuve, in denen die Verhaftungen stattfanden, fand die Polizei sowohl Zubehör für einen Giftgasanschlag als auch zum Bombenbau nötiges Material.

Anfang des Monats hatte der Chef der französischen Spionageabwehr (DST), Pierre de Bousquet de Florian, in einem Interview mit dem Blatt Libération auf die mögliche Anwesenheit kurzfristig einsatzbereiter islamistischer Terrorgruppen in Frankreich hingewiesen. „Wir gehen nicht von schlafenden Zellen aus“, sagte er, „sondern von Individuen, die sich in Afghanistan, in Exjugoslawien und im Kaukasus kennen gelernt haben und jederzeit kurzfristig Kontakt aufnehmen können, um tätig zu werden.“