BERND PICKERT ÜBER DIE US-KUBANISCHE ANNÄHERUNG
: Modell China

Einerseits ist die Ankündigung von US-Präsident Barack Obama, dass die USA sich mit Kuba über die Wiedereröffnung von Botschaften geeinigt haben, nur Vollzug. Schon an jenem historischen 17. Dezember vergangenen Jahres war von der Wiederherstellung voller diplomatischer Beziehungen gesprochen worden. Dass sich aber die beiden Seiten in knapp sechs Monaten einig geworden sind, ist nach fünf Jahrzehnten der offenen Feindseligkeit ein Meilenstein.

Sicher: Zur vollen Normalisierung der Beziehungen gehört viel mehr. Vor allem muss die unsinnige Wirtschaftsblockade der USA fallen. Der Schritt wird kommen, aber angesichts der Mehrheiten im US-Kongress noch dauern.

Schon jetzt aber hat die Annäherung auf der Insel mehr Veränderungen bewirkt als die vielen Jahre des US-Beharrens auf einem Regimewechsel. Nicht zuletzt das große Interesse von US-Unternehmen am Kuba-Geschäft dürfte die schnellere Öffnung herbeigeführt haben.

Die kubanische Führung ihrerseits bewegt sich in dem Zwiespalt, dringend Öffnung und Veränderung zu benötigen, aber die politische Allmacht nicht aus der Hand geben zu wollen. Wirtschaftliche Öffnung bei politischer Kontrolle, Modell China.

Nur: Kuba hat nicht die Verhandlungsposition einer aufstrebenden Großmacht, und so führen die Regierungsversuche, einen Umschwung zu verhindern, nur zu Verzögerung. Die KubanerInnen machen das, was sie seit Jahren machen, wenn die Veränderungen zu langsam gehen. Die Abwanderung gut ausgebildeter kubanischer Fachkräfte und Akademiker ins Ausland geht ungebremst weiter.

Die Annäherung kann beiden Seiten nur Vorteile bringen. Die Herausforderung ist, die Hardliner in Washington wie Havanna links und rechts liegen zu lassen.

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