LESERINNENBRIEFE
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Bankenrettung mit Steuergeldern

■ betr.: „Auf Linie gebracht“, taz vom 24. 6. 15

Vor einigen Jahren war es fast selbstverständlich, dass die Banken mit Unmengen an Steuergeldern gerettet wurden, trotz Misswirtschaft, Spekulationen und unermesslicher Boni. Wer heute von Griechenland so vehement Austerität fordert (selbst wenn dies für viele Menschen bittere Armut bedeutet), setzte sich damals genauso vehement für die Rettung der Banken mit Hunderten Milliarden Euro ein. Diesen „Kredit“ haben die Finanzmärkte bis heute nicht zurückgezahlt, praktisch ein sehr freizügiger „Schuldenschnitt“. Nicht einmal eine ernsthafte Regulierung der Finanzmärkte wurde in den letzten Jahren durchgesetzt, keine Transaktionssteuer.

Auch nach der Finanzkrise geht die Kluft zwischen Reichen und Armen sowie zwischen Privateigentum und Gemeinwesen weiter auseinander. Für diese Politik stecken heute ganze Staaten in einer tiefen Krise, Europa zerfällt, viele Menschen verarmen. Den harten Umgang mit Griechenland hätte ich mir damals gegenüber den Banken und den Bankern erwünscht.

DAVIDE BROCCHI, Köln

Büttel des Finanzkapitals

■ betr.: „Der Widerspenstigen Zähmung“, taz vom 24. 6. 15

Dank an Ingo Arzt für den Beitrag auf Seite 1, dem ich nur in einem Punkt nicht zustimme: Tsipras Scheitern ist nämlich durchaus dramatisch für das griechische Volk.

Dass der Premier und seine Regierung, im EU-Klüngel schon vorab gebrandmarkt durch das Kainsmal der Linken, den Ausbruch aus dieser unsäglichen „Europapolitik“, geschweige ein Bündnis mit ähnlich strangulierten Ländern und kapitalismuskritischen Kräften nicht geschafft haben, stand jedoch leider zu erwarten. Wie auch hätte sie unter diesem Druck und in so kurzer Zeit ein solches Paradestück bewerkstelligen sollen? So sehr mir bei aller Skepsis die Idee vom vereinten Europa einst gefiel: Ihre pervertierte Umsetzung durch skrupellos dienstbare Büttel des Finanzkapitals ekelt mich nur noch an. Als Bundesbürgerin schäme ich mich ganz besonders für die Rolle, die Deutschland darin spielt. Von dieser Regierung bitte kein einziges Wort mehr über „unsere Werte“! Auf dieser Ebene sind die weder demokratisch, noch christlich, noch sozial, sondern sämtlich gewinnfixiert.

Gern würde ich Ingo Arzts Zuversicht teilen, dass sich unter dem abscheulichen Schreckgespenst dieses sogenannten vereinten Europa eine wahrhaft humane, solidarische Alternative formiert. Bis zu deren Aktionsfähigkeit dürfte es allerdings noch ein langer, mit Sicherheit auch für die Deutschen steiniger, tränenreicher Weg werden. JUTTA KRAUSS, Eisenach

Erreicht das Mögliche

■ betr.: „Der Widerspenstigen Zähmung“, taz vom 24. 6. 15

Endlich ein Kommentar, der die Sache beim Namen nennt: Es geht um die Unterwerfung der griechischen Regierung – nicht unter Brüssel, der IWF ist nicht europäisch, sondern unter die neoliberale Politik, die englischsprachig treffender neokonservativ heißt. Die griechische Regierung ist nicht sozialistisch – schön wär’s –, aber jeder „Ausbruch“ aus dem neokonservativen Mainstream ist zu verhindern! Da kommt die altbekannte „Dominotheorie“: Wenn erst die, dann Spanien, Portugal, Italien … so wie weiland für den USA-Einsatz in Vietnam argumentiert wurde. Da können die Griechen ja schon froh sein, dass der CIA keinen blutigen Putsch inszeniert (noch nicht?).

Die griechische Regierung ist nicht antikapitalistisch, aber sie stellt sich dem seit 1990 völlig enthemmten Kapitalismus der Neocons entgegen, dem „Turbokapitalismus“, wie der Spiegel ihn benannte. Für uns alle, ja: sogar im wohlverstandenen Interesse der Superreichen! Tsipras, Syriza: Erreicht das Mögliche! Bitte! Für uns alle! Danke! WOLFRAM GIESE, Neu Wulmstorf