GEHT’S NOCH?
: Im Namen der anderen

Die Hamburger AfD ist gegen Homopärchen auf Ampeln, denn die könnten die Gefühle gläubiger Muslime verletzen

Sie alle wollen Rücksicht nehmen. Darum will die Hamburger AfD auch keine Ampeln mit Homopärchen-Symbolen in ihrer Stadt. So steht es in einem Antrag der Fraktion. Aber nicht, weil sie gegen Homos sind. Nein, weil sie sich um muslimische Gläubige sorgen, die sich „beleidigt fühlen“ könnten. Und wenn es der AfD um eins geht, dann ja wohl um die Gefühle der muslimischen Community. Schließlich vermerkte dieselbe Partei in ihrem Strategiepapier, sie sei „zunehmend besorgt über den Einfluss und die Gewaltbereitschaft der Islamisten in Deutschland vor dem Hintergrund des Herrschaftsanspruch des Islam in der Welt“. Ja, was denn nun?

Konservative und rechtspopulistische Parteien instrumentalisieren ständig den Kampf um die Rechte von Marginalisierten. Und dabei denken die Vollpfosten tatsächlich, keiner würde es merken. Ähnlich wie die Afd argumentierte schon der CDU-Politiker Jens Spahn vergangenes Jahr gegenüber der Zeit: „Ich will kein Verständnis dafür haben müssen, dass jemand, der aus einer anderen Kultur oder Religion zu uns gekommen ist, die Rechte von Frauen, Schwulen oder Juden infrage stellt, relativiert oder im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen tritt.“ Und auch zur Burka sage er nein.

Der einen Gruppe Menschen schön einen mitgeben, damit die andere vermeintlich geschützt werden kann. Der moderne Populismus funktioniert nur so, weil niemand mehr öffentlich alle hassen kann. Deswegen liebt auch Marine Le Pen alle Homos in ihrer Partei. Dabei muss jedoch ein Feindbild klar definiert bleiben: die Muslime. Die sind nämlich gewaltbereite, schwulenverachtende und frauenunterdrückende Terroristen, die unsere Demokratie gefährden. Das wissen die Le Pens, Luckes und Spahns genau. Es geht ja schließlich um nichts Geringeres als das Abendland. Zum Glück besinnen sich die AfDler dann noch. Der wahre Grund, warum die homosexuellen Ampelpärchen falsch sind: Muslime könnten sich ermuntert fühlen und „eigene Piktogramme fordern“. Und das wäre wirklich der Beginn des Untergangs.

ENRICO IPPOLITO