Zu spät interveniert

KINDESWOHL Ministerin Alheit ist wegen Friesenhof-Heimen unter Druck. Ihr Haus war bereits im Mai 2014 mit einem kritischen Bericht befasst, den das Landesjugendamt gegendarstellen wollte

In Schleswig-Holstein wird die Frage laut, ob das Mädchenheim Friesenhof nicht schon früher hätte schließen müssen. Hatte sich doch schon im Mai 2014 die Meldorfer Familienrichterin Christiane Orgis in ihrem Fachaufsatz „Heime im ländlichen Raum“ besorgt über ein Mädchenheim in Dithmarschen geäußert, das wie ein Trainingslager für Rekruten arbeite.

Die Türen und ebenerdigen Fenster seien verschlossen; die Mädchen dürften das Haus nur in Begleitung verlassen; sie hätten mindesten drei Monate Kontaktsperre, schrieb die Richterin in der Zeitschrift „Das Jugendamt“. Sie unterstelle gute Absichten, frage aber, wer die Mädchen schütze, „wenn eben doch nicht alles in Ordnung wäre“.

Dieser Aufsatz war im Kieler Sozialministerium bekannt. Eine Mitarbeiterin des Landesjugendamtes (LJA) hatte sich an Pressesprecher Christian Kohl mit dem Vorschlag gewandt, eine Gegendarstellung zu den im Artikel enthaltenen Aussagen zur Arbeit des LJA zu veranlassen. „Ich hatte vor dem Hintergrund der Meinungs- und Interpretationsfreiheit davon abgeraten“, sagt Kohl.

Das ist Zündstoff für die Opposition. Hatte doch Sozialministerin Kristin Alheit (SPD) am Dienstag vor dem Sozialausschuss erklärt, erst vor einer Woche durch die Hamburger Linksfraktion von den Vorwürfen erfahren zu haben. Der Verzicht auf eine Gegendarstellung durch Alheits „engstes Umfeld“ könne nur bedeuten, dass die im Text genannten Probleme von der Ministeriumsspitze ernst genommen wurden, sagt Oppositionschef Daniel Günther (CDU). Damit breche die Behauptung, nur die Arbeitsebene sei informiert gewesen, in sich zusammen.

Kohl wiederum behauptet, nicht der Stab der Ministerin, sondern nur er sei mit dem Vorgang befasst gewesen. Zudem sei das Landesjugendamt auch 2014 nicht untätig gewesen, sondern habe dem Friesenhof erste Auflagen erteilt. Zum Verbot verschlossener Fenster und Türen kam es aber erst im Januar 2015.

Die CDU beantragt Akteneinsicht. Deren Abgeordnete Katja Rathe-Hoffmann erklärte, Alheit engstes Umfeld hätte die Chance gehabt, „das Leid der Mädchen um ein Jahr zu verkürzen“.  KAJ