Suche nach einem Kompromiss

MIETEN Zweieinhalb Stunden sprachen der Senat und die Initiative Mietenvolksentscheid am Montagabend in Kreuzberg miteinander. Keine Annäherung der Positionen

■ Kern des „Wohnraumversorgungsgesetzes“ des Mietenvolksentscheids ist eine Subventionierung der Mieten in den 120.000 Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus für sozial Schwächere.

■ Finanziert werden soll dies durch einen Wohnraumförderfonds. Mit diesen Geldern sollen auch preisgünstige Neubauwohnungen gefördert werden.

■ Um weitere Privatisierungen wie bei der GSW zu verhindern, sollen die Wohnungsbaugesellschaften zu Anstalten des öffentlichen Rechts umgebaut werden. Die Kontrolle würde ein Verwaltungsrat übernehmen, in dem auch Mieter vertreten sind. (taz)

VON UWE RADA

Zwischen Senat und der Initiative Mietenvolksentscheid gibt es erste Gespräche. Eine Woche nachdem die Initiatoren 48.000 Unterschriften für eine sozialere Mietenpolitik abgegeben haben, trafen sich Mitglieder des Mietenvolksentscheids am Montagabend mit Baustaatssekretär Engelbert Lütke Daldrup (SPD). Eine Annäherung der Positionen ist aber noch nicht in Sicht.

„Wir haben zweieinhalb Stunden miteinander gesprochen“, bestätigte Lütke Daldrup. Ort des Treffens war das Gecekondu, das Holzgebäude der Initiative Kotti und Co., in Kreuzberg. Den Staatssekretär begleiteten drei Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Seitens der Initiative waren nach Angaben eines Sprechers sieben Personen anwesend. „Über die Ergebnisse haben wir Stillschweigen vereinbart“, sagte Lütke Daldrup, der aber andeutete, dass es weitere Gespräche geben soll.

Mit der Übergabe der Unterschriften am 1. Juni hat das Volksbegehren die ersten Hürde genommen. Zurzeit prüft Innensenator Frank Henkel (CDU), ob der Entwurf für ein Wohnraumversorgungsgesetz, das die Initiative durchsetzen will, verfassungskonform ist. In einer zweiten Stufe müssten dann 175.000 Unterschriften gesammelt werden. Ist auch dies erreicht, kommt es zum Volksentscheid, zu dem alle Wahlberechtigten aufgerufen wären. Die Initiative möchte den Wahltag am liebsten mit der Wahl zum Abgeordnetenhaus im Herbst 2016 zusammenlegen.

Anders als beim Volksentscheid zu Tempelhof zeigen sich aber beide Seiten gesprächsbereit. „Herr Lütke Daldrup hat bei dem Gespräch am Montag Kritikpunkte vorgetragen, und wir haben unsere Positionen dargelegt“, erklärte Mietensprecher Rouzbeh Taheri. Einen eigenen Gesetzentwurf habe der Senat aber nicht vorgelegt. Taheri will nicht ausschließen, dass es noch vor der zweiten Stufe einen Kompromiss geben kann. „Dann muss uns der Senat aber in vielen Punkten entgegenkommen.“

„Das wird nur einem kleinen Teil der Berliner Mieter nutzen“

STELLUNGNAHME DER BAUVERWALTUNG

Danach sieht es derzeit nicht aus. In einem Papier, das der taz vorliegt, übt die Bauverwaltung vielmehr scharfe Kritik am Entwurf der Initiative. Es zeige sich, „dass der Gesetzentwurf nur einem sehr kleinen Teil der Berliner Mieter massiv nutzen wird“, heißt es in der Stellungnahme. Die Rede ist von 10.000 Mietern, also nicht einmal 0,6 Prozent der insgesamt 1,9 Millionen Mieterhaushalte. Der weitere große Gewinner seien die Vermieter, „weil sie künftig deutliche höhere Mieteinnahmen bekommen“.

Die Kritik bezieht sich auf das Vorhaben des Mietenvolksentscheid, Mietern von Sozialwohnungen, die einen Wohnberechtigungsschein haben, die Miete zu subventionieren. Das würde dazu führen, dass die Vermieter die hohen Kostenmieten des sozialen Wohnungsbaus verlangen. Nicht nur Bausenator Andreas Geisel (SPD), sondern auch die Grünen kritisieren dies als einen Wiedereinstieg in das teure System des früheren sozialen Wohnungsbaus. Darüber hinaus kritisiert der Senat die hohen Kosten. Eine Annahme des Gesetzes würde 3,2 Milliarden Euro kosten, hat Bausenator Geisel errechnet. Die Initiative selbst spricht von 1,3 Milliarden Euro.

Ob es am Ende zu einer Einigung kommt, hängt aber nicht nur von den inhaltlichen Punkten ab. Auf der Sommerfeier der Grünen am Montagabend mutmaßte ein führender Grüner, dass die Innenverwaltung das Volksbegehren zunächst als verfassungswidrig ablehnen könnte. „Dann müsste die Initiative klagen, und der Senat hätte das Thema aus dem Wahlkampf 2016 herausgehalten.“