DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Böäh, Zukunft

WAS SAGT UNS DAS? Passagieren wird in selbstfahrenden Autos schneller übel, sagt eine Studie

Das ist doch zum Kotzen. Ewig haben wir auf diese Zukunft gewartet – und jetzt, wo sie endlich kommt, bringt sie nichts als Übelkeit. Zumindest für die bis zu zehn Prozent aller Amerikaner, denen laut einer Studie des Transportation Research Institute der Uni Michigan in selbstfahrenden Autos speiübel wird.

Die Gründe dafür: Konflikte zwischen Balance und optischen Eindrücken, das Unvermögen, Bewegungsrichtungen zu antizipieren, das Fehlen von Kontrolle. Übersetzt: Die Zeit, die man gewinnt, weil man sich nicht mehr ans Lenkrad geklammert aufs Fahren konzentrieren muss, kann man entspannt nutzen, um den Brechreiz niederzukämpfen.

Die Angst vor zu großer Geschwindigkeit und die Rebellion des Körpers dagegen, vom Hirn überholt zu werden, hat Tradition. So sollen Mediziner urbanen Legenden zufolge noch 1835, bei der Einweihung der ersten deutschen Bahnverbindung zwischen Nürnberg und Fürth, gewarnt haben, dass die Beschleunigung mit mehr als 30 Stundenkilometern zu Gehirnerkrankungen führen werde. Und die Neurasthenie wurde immer wieder dem Hetzen und Jagen der Großstädter in die Schuhe geschoben. Ausgerechnet als das Automobil auf die Straße drängte. Das allerdings von vielen damals als Therapie für die schwachen Nerven der Elite galt – Stress, so die Diagnose, ginge von Fußgängern, Droschken und dem Verkehr ringsum aus.

Woraus eine Zukunftsgläubigkeit spricht, von der wir vielleicht etwas lernen sollten: Schuld ist nicht das selbstfahrende Auto. Sondern halt der Horizont. Oder überhaupt: die Welt da draußen. MLA