Jubel mit Dornen

EHE-VORSTOSS

Auch wenn das Thermometer beharrlich auf April steht: Ins Kieler Landeshaus zog in der vergangenen Woche endlich die Wärme des Wonnemonats Mai ein, und jubelnd klang ein Ruf aus den Reihen der Landespolitik – der Ehe für alle!

Die lauteste Stimme im Chor gehörte Daniel Günther. Er freue sich darüber, dass eine Mehrheit in Irland sich so deutlich für die völlige Gleichstellung homosexueller Paare mit der klassischen Ehe von Mann und Frau ausgesprochen habe, sagte der Vorsitzende der CDU-Fraktion nach der irischen Volksabstimmung und fuhr fort: „Ich wünsche mir und werbe dafür, dass wir diese Gleichstellung auch in Deutschland schnell erreichen. Meine Wahrnehmung ist, dass die Zustimmung in der Bevölkerung für diesen Schritt sehr hoch ist.“

Da hat er natürlich Recht – allerdings gehören viele derjenigen, die gegen eine völlige Gleichstellung lesbischer und schwuler Paare eintreten, ausgerechnet der CDU oder ihrer bayerischen Schwester CSU an. Insofern erntete Günther für seinen Vorstoß zwar einen Strauß verbaler Rosen, musste sich aber vor den Dornen in Acht nehmen: Seine Freude wäre steigerungsfähig, sagte etwa Heiner Garg (FDP), „wenn genau diese selbstverständliche Gleichstellung von Angela Merkel und der Christlich Demokratischen Union nicht weiter verhindert würde“. Rasmus Andresen (Grüne) kündigte an, er werde „der CDU-Fraktion in der nächsten Landtagstagung die Gelegenheit geben, ihr Abstimmungsverhalten für die Öffnung der Ehe zu korrigieren“. Auch Simone Lange (SPD) gratulierte dem einzigen Katholiken im Parlament zur „Modernisierung des konservativen Gedankenguts“ und hoffte, Günthers CDU werde „ihren Einfluss auf Bundesebene geltend machen“.

Damit endet der Jubel-Chor mit einem Moll-Akkord: Der Einfluss der Nord-CDU auf den Bund ist nach bisherigen Erfahrungen eher begrenzt. Aber bei diesem Wetter heiratet ja eh kein Schwein.  EST